Es ist nicht nötig, den neuen Verdacht der Brüsseler EU-Kommission zu überhöhen. Die Wettbewerbsbehörde der Union arbeitet höchst professionell und lässt Vorwürfe erst dann gelten, wenn die Unterlagen Klagepunkte auch gerichtsfest belegen. Aber es braucht keine Vorverurteilung, um den deutschen Herstellern zu bescheinigen, dass sie ihr wichtigstes Kapital aufs Spiel gesetzt haben: das Vertrauen der Kunden.

Schließlich waren die – dank millionenschwerer Image-Kampagnen – stets stolz darauf, das von ihnen gewählte Fabrikat zu fahren. Besser, effizienter, sauberer als die Konkurrenz. Doch der Ruf vom harten Wettbewerb scheint ein Märchen zu sein. Tatsächlich soll hinter den Kulissen ein geschlossener Club getagt haben, der zwar keine Preis- oder Modellabsprachen, wohl aber technische Innovationen abstimmte. Und der irgendwann beschloss, dass unabhängig von der Frage, ob am Heck „AdBlue“ oder Bluetec“ prangte, auf keinen Fall die bestmögliche Abgasreinigung eingebaut wurde. Ob damit der strafrechtliche Tatbestand des „Betruges“ erfüllt ist, müssen Juristen beantworten. Dass die Hersteller aber ihre Käufer getäuscht haben, wiegt schwer genug. Und es markiert einen Tiefpunkt im Umgang der Konzerne mit Verbrauchern und Gesetzgeber.

Auf der einen Seite ließ man sich sozusagen als Verkörperung deutscher Ingenieurskunst feiern. Auf der anderen Seite hatten längst nicht mehr die Techniker und Entwickler, sondern die Marktstrategen das Wort. Und zwar um jeden Preis. Wenn in Brüssel die jeweils nächsten Runden zur Festlegung neuer Abgasgrenzwerte anstanden, wurde ein Feuerwerk des Lobbyismus abgebrannt, weil man allzu ehrgeizige technische Vorgaben eben nicht erfüllen konnte. Nun ahnen Behörden und Kunden, dass das alles Theater war, weil man schlicht die verfügbare Technik zurückhielt, um die Kosten zu drücken – und weil man sich abgesprochen hatte. Das wäre richtig übel.