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Benefizlauf I Einmal durch den Kopf und zurück

Marc Geschonke

Oldenburg - Eine Ersatzhose, ein Shirt, zwei Unterwäsche-Sets, zwei Paar Socken (pink), Zahnbürste und Zahncreme, Shampoo, Duschgel, Bürste, Handtuch, Schlafsack, Ersatzteile fürs Fahrrad, Radschuhe, ein Handy, Ladekabel und wenige kleine Extras: Mit diesem überschaubaren Notfall-Köfferchen will die Oldenburger Kommissarin Katharina Türke auf eine zweiwöchige Reise gehen – Santiago de Compostela lautet das Ziel, Jakobsweg die Herausforderung.

Zugegeben, unter den 278.041 Menschen, die die wohl bekannteste Pilgerstrecke im vergangenen Jahr offiziell abgelaufen sind, hat’s sicherlich auch den ein oder anderen weiteren Oldenburger gegeben. Gut möglich auch, dass die „Dunkelziffer“ aller erfolgreichen Wanderer da noch sehr viel höher liegt – schließlich geht es nicht jedem Läufer oder Radler allein um die „Compostela-Urkunde“ als Beleg der Reise. Erst recht nicht, wenn sich die gemeisterten Herausforderungen so wie bei Katharina Türke häufen.

„Ich packe meine Tasche und nehme mit ...“: Mehr benötigt die junge Frau auf ihrer sicher kräftezehrenden Tour nicht. Bild: Katharina Türke

„Ich packe meine Tasche und nehme mit ...“: Mehr benötigt die junge Frau auf ihrer sicher kräftezehrenden Tour nicht. Bild: Katharina Türke

Bereits zum sechsten Mal wird die 30-jährige Polizistin – Teil der 6. Bereitschaftspolizeihundertschaft – den Jakobsweg in Angriff nehmen. Vieles läuft da im wahrsten Sinne fast wie von selbst – „ich kenne mittlerweile jede Kurve dieser Tour, sie ist ein Teil meines Lebens“, sagt sie –, nicht minder vieles ist aber auch ganz anders als je zuvor.

Viele Spenden sammeln

Eine knappe Woche vor dem Aufbruch Richtung Frankreich (gestartet wird ab Saint-Jean-Pied-de-Port – quasi zum Aufwärmen), sortiert Katharina Türke im Oldenburger „Café Hamburg“ noch einmal ihre Gedanken. Zwischen 45 und 80 Kilometer will die 30-Jährige ab dem 15. August auf dem Jakobsweg vorankommen – und das täglich! Dieses Mammutprogramm bis ins Ziel will sie in deutlich kürzerer Zeit als sonst meistern – fast um eine Woche schneller, erstmalig auch auf dem Fahrrad. Und: Diesmal gilt die Reise nicht allein dem eigenen Kopf. Denn möglichst viele Menschen sollen von ihrer Tour profitieren. Beweisen muss Katharina Türke sich und anderen gewiss nichts. Im Gegenteil. Werben will sie, für den guten Zweck. Und möglichst viele Spenden für die „Walkabout Foundation“ sammeln.

Diese Stiftung hilft in Afrika, Panama, Indonesien, Indien, Chile oder dem Sudan, die „Würde, Freiheit und Unabhängigkeit von Menschen in Entwicklungsländern wiederherzustellen“, wie es heißt. Mit Rollstühlen, aber auch mit der Erforschung einer Möglichkeit zur Heilung von Lähmungen. Solch ein schlichtes Rollstuhlmodell kostet rund 280 Euro, schon Einzelteile können weiterhelfen. „Es soll ein ganzer Container voller Rollstühle werden“, so erklärt Katharina Türke ihre Motivation für die 14-tägige Tour über den Jakobsweg. Davon – und von den Kosten in Höhe von 50 000 Euro – ist sie freilich noch ein ganz weites Stück entfernt. Gerade einmal ein Zehntel hat sie zusammen. Mit Wohlwollen – und wenn alle „Versprecher“ ihren Worten auch Taten folgen lassen. Das sei schon ein bisschen frustrierend, sagt sie da, „aber wir geben nicht auf“.

Wir – dazu zählt sie auch ihren 29-jährigen Polizeikollegen Jeroen Dams aus Holland. Begleitschutz für die junge Frau aus Oldenburg?

Nötig wäre das sicherlich nicht. Aber schön ist’s. Denn Jeroen und Katharina sind nicht nur Kollegen in zwei verschiedenen europäischen Ländern, sondern auch ein echtes Paar. Kennengelernt haben sie sich – wie sollte es da anders sein – im Jahr 2013 eben auf dem Jakobsweg.

Im Jahr 2017 wird sich Jeroen indes unabhängig von Katharina den Jakobsweg erlaufen. Im Eiltempo. Sie auf dem Rad, er laufend, dazu zwei weitere Mitstreiter aus Portugal und Spanien – fertig ist das „800k Team“, wie sich das Quartett auf Facebook nennt und unter diesem Namen auch Spendenangebote beantwortet.

Die 800 Kilometer werden sie „gemeinsam getrennt“ in gleicher Zeit absolvieren, so der Plan. Der sieht allerdings auch abendliche Wiedersehen an den Zwischenstationen vor. Wenn alles gut läuft.

Dass der „Camino“ nicht mal eben so bestritten wird, weiß die Oldenburgerin nur allzu gut. Es ist noch gar nicht so lange her, dass die 30-Jährige ihren Intensivlauf nach 700 Kilometern (in 19 Tagen) stoppen musste. Kurz vorm Ziel lautete die Diagnose „Ermüdungsbruch“.

Vier Mal allerdings hielt sich Türkes Körper wacker und weitestgehend schadlos. Wie im Übrigen auch der Kopf. „Das erste Mal war definitiv ein Abenteuer. Ohne jegliche Vorbereitung hatte ich mich auf diese Reise eingelassen. Und genau das war das Beste daran“, sagt sie.  „Heute ist es nicht mehr das Abenteuer – sondern vielmehr eine Reise zu mir selbst. Zu dem, was im Leben wirklich wichtig ist.“ Deshalb werden auch solche „körperlichen Herausforderungen“ wie glühende 40 Grad in praller Sonne die erprobte Oldenburgerin nicht von ihrem Weg abbringen können.

„Der Weg hat mich gelehrt, den Luxus – dem ich mir in meinem Leben eigentlich gar nicht richtig bewusst bin – wieder zu schätzen“, sagt Katharina Türke. „Er hat mir gezeigt, dass ich nur die einfachsten Dinge benötige, um glücklich zu sein. Essen, ein Bett und viele freundliche Menschen.“ Von ihrem beeindruckten Chef – Innenminister Boris Pistorius – wurde sie bereits verabschiedet und mit besten Wünschen ausgestattet. Ob es neben warmen Worten aber auch eine Spende für das Anliegen der jungen Frau gab, ist nicht überliefert.

„Ich bin dann mal weg – Meine Reise auf dem Jakobsweg“ hatte Entertainer Hape Kerkeling am 22. Mai 2006 veröffentlicht, Thema und Reiseroute richtig populär gemacht. Katharina Türke hatte das Buch gleich gelesen. Allerdings nur zur Hälfte. „Ich fand es damals unfassbar langweilig“, gesteht die Oldenburgerin heute unumwunden ein. Mittlerweile kenne sie das Buch aber in- und auswendig. „Nach meinem ersten Lauf auf dem Jakobsweg war dann alles anders – und jetzt finde ich das Buch so toll!“   

Sie ist dann mal weg!

Mitnehmen wird sie es aber nicht. Zu viel Gepäck schadet dem Vorhaben. Ihre Ausstattung, die in eine Fahrradtasche passt, muss für 14 Tage genügen. Gewaschen wird zwischendurch, getrocknet unterwegs. Ihr Handy hat sie während dieser Tour dabei, wird auf E-Mails und Anrufe – sofern es sich um Spendenangebote dreht – unregelmäßig reagieren. Die 50 000 Euro sind zwar das große Ziel, doch auch jede kleine Unterstützung bringt Türke und Co näher heran. Aus diesem Grund werden nun auch hellblaue Armbänder der Walkabout Foundation als Spendenanreiz verkauft. Weitere Infos gibt es bei Katharina Türke unter Tel. (0173) 676 73 16 und E-Mail: 800kteam.walkaboutfoundation@gmail.com

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