Echte Männer weinen nicht – und schon gar nicht so ein knallharter Titan wie Oliver Kahn. Oder?

Eben doch, das macht der ehemalige National-Torwart sehr deutlich. Depressionen, Burnout und psychische Krankheiten können jeden treffen. Dass sich jemand offen als Betroffener zeigt, ist wichtig. Dass ein Prominenter seine öffentliche Stellung nutzt und sagt, bei Depressionen und Überlastung hilft es den Betroffenen eben nicht, zu hören, „Reiß dich mal zusammen“ oder „Das wird schon wieder“ – umso wichtiger.

Es ist äußerst wertvoll, dass bekannte Personen das Thema psychische Gesundheit ansprechen, es immer wieder in die Öffentlichkeit holen und vom Stigma der Schwäche befreien wollen. In diesem Fall: Hut ab, Oliver Kahn.

Auf der anderen Seite ist der Grat aber schmal, mit diesem sensiblen Thema nicht hausieren zu gehen und es als Markenzeichen zu missbrauchen. Stichwort Cathy Hummels. Die Ex-Frau des Fußballspielers Mats Hummels sprach öffentlich über ihre Depression – machte aber auf Instagram auch Schleichwerbung für das „Sun ‘n’ Soul Retreat“ ihrer eigenen Eventmarke CH. Sonne und Strand für gute Laune und gegen Depri-Blues. Kein Wunder, dass hier die Betroffenenorganisation Deutsche Depressionsliga an die Decke ging und der Moderatorin vorwarf, ihre Krankheit für Werbezwecke zu missbrauchen.

Nicht zu vergessen: Es gibt mit Sicherheit eine Vielzahl an Menschen, denen es weitaus schlechter geht als einem Oliver Kahn, der an manchen Tagen mal nicht die Treppe hochkommt. Die sich vollkommen in einem schwarzen Loch verloren haben und wenig bis gar keinen Lebenswillen mehr haben. Ihnen hilft dann leider auch kein Team an FC Bayern-Therapeuten, im schlimmsten Fall müssen Betroffene mitunter bis zu einem Jahr auf einen Therapieplatz warten.