Norden - Sie sind meist unter 20 und gerade auf dem Sprung ins Berufsleben: die 133 jungen Leute des 13. Jahrgangs am Norder Ulrichsgymnasium, die im Frühjahr die Abitur-Prüfung vor sich haben. Sie starten in eine Zukunft, die digitaler sein wird als jemals zuvor. Wer nachfragt, der erfährt: Obwohl diese Jugendlichen überwiegend optimistisch ins Berufsleben starten, sorgt dieser Aspekt doch vor allem für gemischte Gefühle. Der Tenor: „voll digital“ hat im Beruf Vorteile, aber birgt vor allem für Kinder und Jugendliche auch Gefahren.
„Für die Arbeitswelt hat die Digitalisierung auf jeden Fall Vorteile“, findet zum Beispiel Tammo Poppe in einer Gesprächsrunde mit sieben weiteren Mitgliedern des Jahrgangs. Für die Schule wiederum fällt ihm ein Nachteil sofort ein: die Ablenkung. Viele Mitschülerinnen und Mitschüler hätten das Smartphone ständig vor der Nase. In der Schule sollten Kinder mit rein digitalen Medien ohnehin nur mit Bedacht in Berührung kommen, finden die jungen Leute. Denn, so formuliert es Cedric Zobel: „Es geht etwas velroren, wenn man nur noch auf einem Display herumtippt.“ Die Kinder lernten nicht richtig schreiben.
Dass Kinder laut einer Studie inzwischen rund sechs Stunden täglich vor verschiedenen Bildschirmen sitzen, finden alle nicht gut. „Das ist nicht gut für die Gesundheit, die Kinder bewegen sich nicht genügend“, findet etwa Michelle Lehmann aus Großheide. Es sei doch sinnvoll, sie frühzeitig an eine digitale Welt heranzuführen – darüber sind sich alle einig – aber eben auch maßvoll für einen „verantwortungsvollen Umgang“ mit digitalen Medien, der auch die Pause davon einschließt. „Sie sollten früh genug aus allen Welten lernen“, meint Erik Bogena, der nach einem Erkundungsjahr ein Studium Richtung Ingenieur vorhat. Verantwortlich dafür, die Kinder verantwortungsbewusst ins digitale Zeitalter zu führen, sei aber nicht nur die Schule: Da seien auch in hohem Maße die Eltern für zuständig.
Mäßig Resonanz ruft die Frage nach dem Datenschutz in einer völlig digitalisierten Welt hervor. Ein Stichwort ist das bargeldlose Bezahlen. „Bargeldlos zahlen: Da bin ich ein Fan von. Das ist Fortschritt!“, sagt Johannes Fischbach. Das sei so wunderbar einfach. Aber genau deswegen hat Michelle Lehmann ihre Bedenken: „Es ist gefährlich, weil man den Überblick verlieren kann.“ Es gebe Jugendliche, erzählen die Abiturienten, die sich mit 18 Jahren schon mehr verschuldet haben, als ihr Einkommen es zulässt. 1000 oder 2000 Euro Miese auf dem Konto sei nicht selten. Die Gefahr, als gläserner Mensch dazustehen, dessen Einkaufsverhalten durch die Wirtschaft gereicht wird, schreckt die jungen Leute allerdings wenig.
Norder Jugendliche problembewusst
Bei einer anonymen Umfrage im gesamten Jahrgang, an der sich 69 Schülerinnen und Schüler beteiligten, zeigen sich diese Norder Jugendlichen recht problembewusst. Zwei Drittel erklären, dass die Aussicht auf eine völlig digitalisierte Welt gemischte Gefühle auslöst: mit ebenso vielen Nachteilen wie Vorteilen. Nur 17 Prozent sehen der Entwicklung mit Vorfreude entgegen, weil das Leben dadurch einfacher werde. Nur sieben Prozent aber sehen die Digitalisierung vor allem mit Sorge, weil sie mehr Nach- als Vorteile bringe. Sieben Prozent haben auch keine Empfindung bei dem Thema.
Kritisch sehen die Schülerinnen und Schüler des 13. Jahrgangs bei dem Thema auch die sozialen Medien. Social Media sehen mehr als die Hälfte als eine Scheinwelt an, die wenig nützlich oder sogar gefährlich sei. Nur jeweils 21 Stimmen von maximal 61 gehen an die Optionen, das sei „eine tolle Sache“ oder „die Zukunft, weil dort die meisten zwischenmenschlichen Kontakte stattfinden“.