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Archäologische Grabungen in Schortens Erschließung des Baugebiets „Am Huntsteerter Weg“ verzögert sich

Kristin Hilbinger

Schortens - Seit einigen Tagen liegen dort, wo das neue Baugebiet „Am Huntsteerter Weg“ entstehen soll, jede Menge große Sandhaufen. Statt Baumaschinen sind jedoch derzeit Archäologen bei der Arbeit zu beobachten. Der Grund: Im Erdreich sind Zeugnisse längst vergangener Zeiten aufgetaucht.

Vermarktung beginnt deutlich später

Da werden Erinnerungen an das benachbarte Baugebiet Diekenkamp wach. „Für uns bedeutet so etwas natürlich immer eine Verzögerung“, sagt Lars von Lienen, Prokurist der IDB Oldenburg. Die Immobilientochter der Landessparkasse zu Oldenburg wird das Baugebiet erschließen und vermarkten – nun jedoch deutlich später als ursprünglich geplant.

„Wir gehen davon aus, dass die Baustraßen bis Ende 2023 erstellt werden können“, sagt von Lienen. Derzeit werde die Ausschreibung der Straßen- und Kanalbauarbeiten vorbereitet. Wann es wirklich losgehen kann, weiß allerdings in Wirklichkeit niemand. Der Archäologe Hendrik Hirth untersucht mit einem Team aus Technikern und Ausgrabungshelfern das zukünftige Baugebiet in Schortens.

„Wir haben Hinweise auf Brunnen entdeckt, die bereits im Diekenkamp gefunden wurden“, berichtet Hirth. Zunächst habe ein Bagger die erste Schicht abgetragen und so bereits einiges freigelegt. Die Experten tragen behutsam weitere Schichten ab. Mit kleinen Fähnchen und Nummern kennzeichnen sie erste Funde. Für einen Laien sind diese kaum sichtbar.

Veränderungen im Lehm deuten auf Hofstelle hin

Dass es sich um eine Hofstelle aus dem 12. oder 13. Jahrhundert handele, lasse sich an unterschiedlichen Anhaltspunkten erkennen.


So habe man bereits mehrere Stellen ausmachen können, an denen Pfähle gestanden haben. Auch der Verlauf von Gräben lasse sich erkennen. Dass man auf sterbliche Überreste trifft, hält der Archäologe für unwahrscheinlich. „In der Zeit des 12. Jahrhunderts sind Menschen bereits auf dem Friedhof bestattet worden und nur noch sehr selten zu Hause.“

Auch die rötliche Verfärbung des Lehms weise auf eine Hofstelle hin. „Diese Art der Verfärbung entsteht nur bei sehr großer Hitze, also bei möglichen Feuerstellen. Die rötliche Verfärbung ist bereits nach wenigen Zentimetern sichtbar. „Solche Grabungen machen wir dann allerdings per Hand“, so Hirth. Und das dauere. Um die Fundstellen vernünftig dokumentieren und fotografieren zu können, werden sie kastenförmig ausgehoben. Sechzig Zentimeter tief wird dabei gegraben „Dafür brauchen wir schon zwei bis drei Tage.“

Wie lange die Grabung insgesamt dauern wird, weiß auch der Archäologe nicht. Dass man allerdings ähnlich viele Brunnen finden könne, wie am Diekenkamp, schließt er jedoch nicht aus.

Rückblick: Diekenkamp vor drei Jahren

„Als es losgehen sollte, hat uns die Geschichte eingeholt“, sagte Bürgermeister Gerhard Böhling bei der offiziellen Freigabe des Baugebietes Diekenkamp im vergangenen Jahr. Damit meinte er den Fund von mehr als 60 Brunnen aus dem Mittelalter und die damit verbundenen langwierigen Ausgrabungsarbeiten in dem Baugebiet.

Als am 31. März 2022 – eineinhalb Jahre später als geplant – der offizielle Startschuss für die Bebauung des Diekenkamps fiel, hatten sich die Bedingungen für die Bauherren deutlich verändert. Eigentlich waren alle 33 Baugrundstücke längst reserviert gewesen. Doch während die Erschließung des Gebietes aufgrund der archäologischen Ausgrabungen und der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Bausektor deutlich länger dauerte als geplant, stiegen plötzlich die Zinsen für Immobilienkredite drastisch an. Auch die Preise für Baumaterialien schossen in die Höhe, verbindliche Kostenvoranschläge von Bauunternehmen waren kaum noch möglich. Das hat viele Interessenten zum Nachdenken gebracht. Grundstücke wurden zurückgegeben.

Noch immer nicht alles bebaut

Laut Internet-Seite der IDB, Erschließungsfirma und Immobilientochter der Landessparkasse zu Oldenburg, sind inzwischen bis auf zwei Grundstücke alle verkauft. Bebaut sind noch längst nicht alle.

Nun scheint sich die Geschichte zu wiederholen. Auch auf dem ehemaligen Maisfeld „Am Huntsteerter Weg“ bestimmen nun Archäologen das Bild – und eben keine Baumaschinen. Wie lange sie für ihre Arbeit brauchen werden, ist derzeit noch unklar. Die IDB will aber nach eigenen Angaben nach den Sommerferien mit der Vermarktung der Baugrundstücke beginnen. Es sollen 76 Grundstücke entstehen. Auf fünf sollen Mehrfamilienhäuser gebaut werden, der Rest ist für Ein- und Zweifamilienhäuser vorgesehen.

150 potenzielle Bauherren haben laut IDB bereits Interesse an einem der Grundstücke angemeldet. Dennoch sagt IDB-Prokurist Lars von Lienen: „Wir gehen auf Grund der aktuellen Baukosten- und Zinssituation von längeren Vermarktungszeiten als bisher aus.“

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