Emden - Wenn man ehrlich ist, sind von den einstigen bürgerschaftlich organisierten Sozialprojekten und Arbeitsgruppen im ehemaligen Sanierungsgebiet „Soziale Stadt Barenburg“ (1999 bis 2017) nicht wirklich viele übrig geblieben. Die ehrenamtliche Mieterberatung allerdings ist nach wie vor ein Dauerbrenner. Auf genau 20 Jahre Bestehen hat sie es jetzt gebracht – immer noch am gewohnten Ort (im Stadtteil-Treffpunkt Heinrich-Heine-Straße 13) und zur gewohnten Zeit (donnerstags von 17 bis 19 Uhr). Und mit Konrad Huchting (81) hat das vierköpfige Beratungsteam sogar immer noch einen der Geburtshelfer in seinen Reihen.
Idee aus dem Stadtteilbeirat
Die juristischen Kenntnisse des damaligen Hochschulprofessors für Sozialarbeitsrecht waren höchst willkommen, als der Stadtteilbeirat 2002 auf Initiative von Franziska Davids per Arbeitsgruppe eine kostenlose Beratung für Mieter in Nöten in Gang schob. „Das war wichtig, weil damals ganz viele Spätaussiedler aus Russland herkamen“, erinnert sich Huchting. „Später ab 2008 hatten wir auch viele Polen in der Beratung“, ergänzt Berendine Bamminger (76), die zusammen mit Karl Acker (80) und Angelika Fein (64) das Quartett komplettiert.
Doch ganz egal, ob sich heute Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan, Seniorinnen mit schmaler Rente oder auch Menschen aus anderen Stadtteilen unter die Ratsuchenden mischen – die Hauptaufgabe ist die gleiche: Mietern im berechtigten Fall zu ihrem Recht zu verhelfen. Etwa, wenn die Abrechnung der Nebenkosten nicht nachvollziehbar ist oder es Ärger in der Hausgemeinschaft gibt. „Wir bieten auch an, mitzukommen, wenn jemand eine Wohnung bezieht oder eine gekündigte Wohnung verlässt“, sagt Bamminger, „damit auch alles korrekt im Übergabeprotokoll festgehalten wird und dem Mieter am Ende nicht einfach irgendwelche Renovierungskosten aufgedrückt werden.“ „Wir hatten auch schon Fälle, wo die Wohnung erst hätte renoviert werden müssen, bevor sie wieder vermietet wird“, ergänzt Acker. „Das war ab 2015 ein Problem, als die vielen Flüchtlinge kamen“, sagt Bamminger. Manche hätten die über die Stadt vermittelte Wohnung gar nicht zu Gesicht bekommen, bevor sie ihre Unterschrift unter den vorgelegten Mietvertrag setzten. „In einigen Fällen ist es uns aber gelungen, Betroffenen eine neue Wohnung zu verschaffen“, berichtet Huchting nicht ohne Stolz.
Die Vermieter seien aber nicht pauschal die Bösen, betont Angelika Fein, die 2021 als Neu-Rentnerin nach mehr als 20 Jahren Tätigkeit in der Wohnungseigentum- und -mietverwaltung zum Team gestoßen ist. „Oft verstehen die Mieter die rechtliche Lage nicht.“ Dass Mietschulden entstehen, wenn man zwei Monate vor Ende der Kündigungsfrist auszieht, dass man bei Auszug auch den Keller leerzumachen hat oder die Tür ersetzen muss, in die man eine Katzenklappe eingebaut hat, müsse in manchem Fall noch einmal extra erklärt werden.
Oft auch Sozialberatung
Und manchmal offenbarten sich auch ganz andere Probleme, sagt Bamminger. So wie bei jenem jungen Mann, der wegen angeblichem Schimmel in seiner Wohnung zur Sprechstunde kam. „Aber als wir ihn zu Hause besuchten, saß er völlig überfordert vor einem ganzen Tisch voll ungeöffneter Post.“ In solchen Fällen hilft die Vernetzung der Mieterberater zu anderen Hilfsangeboten und der kurze Weg zur städtischen Gemeinwesenarbeiterin Heidemarie Heyer im Treffpunkt Barenburg. Diese empfindet die kostenlose Mieterberatung als „absoluten Glücksfall“ – auch mit Blick darauf, dass Rat und Tat infolge der steigenden Energiekosten durch den Ukraine-Krieg künftig wohl noch mehr gefragt sein werden. „Wir rechnen damit, dass das spätestens bei der nächsten Betriebskostenabrechnung zu Buche schlagen wird“, bestätigen die vier. Sollte es da zu Ungereimtheiten und Engpässen kommen, steht die Mieterberatung auch nach ihrem runden Geburtstag bereit. Oder, wie es Huchting ausdrückt: „Wir sind nachhaltig und penetrant.“