Emden - Es gibt einige Neuigkeiten vom VW-Werk in Emden. In der Betriebsversammlung am Mittwoch wurde dem Vernehmen nach darüber gesprochen, dass dort bis 2022 die Produktion eines Passat-Modells eingestellt werden soll. Dafür solle etwa zeitgleich die Produktion des E-Autos „ID Aero“ in Emden beginnen. Auch dem Modell Arteon droht in Emden das Aus.
Dem Vernehmen nach soll dessen Produktion in dem ostfriesischen Werk im Jahr 2023 eingestellt werden. Dafür soll das Modell der Elektro-Kompaktklasse – intern „MEB Entry“ genannt – in Emden gebaut werden. Weitere Details will der Aufsichtsrat des Autobauers an diesem Freitag, 16. November, in der Aufsichtsratsversammlung beschließen.
Lesen Sie auch : VW setzt auf günstige Stromer
VW teilte in einer Pressemitteilung am Mittwoch mit, dass nach Zwickau und Emden auch der Standort Hannover auf die Produktion von Elektrofahrzeugen umgestellt werden soll. Die Pläne sehen vor, dass in Hannover neben der Fertigung konventionell angetriebener Fahrzeuge voraussichtlich ab 2022 die Produktion von Modellen der elektrisch angetriebenen „ID-Buzz-Familie“ starten werde.
Die Fertigung der bisher in Emden und Hannover hergestellten Modelle soll sukzessive von anderen Standorten übernommen werden, hieß es in der Pressemitteilung. Über die Details der Werkbelegung soll ebenfalls am Freitag der Aufsichtsrat entscheiden, hieß es. VW-Vorstandsvorsitzender Herbert Diess sagte dazu: „Volkswagen setzt seine Elektro-Offensive konsequent um.“ Man richte das Unternehmen „auf saubere Mobilität aus“.
Lob und Kritik
Die Arbeitsplätze von 500 befristet Beschäftigten sollen „recht kurzfristig entfallen“, sagte VW-Personalvorstand Gunnar Kilian. Ihnen seien unbefristete Arbeitsplätze an anderen VW-Standorten, unter anderem in Kassel und bei Porsche in Stuttgart angeboten worden. Unabhängig davon, ob sie eines der Angebote annehmen, sollen sie eine Abfindung in Höhe von 20 000 Euro erhalten, hieß es vonseiten des Unternehmens. Der Stammbelegschaft sei dagegen eine Jobgarantie bis 2028 gegeben worden – drei Jahre länger als es der Zukunftspakt vorgesehen hatte. Weil für den Bau von E-Autos weniger Arbeitskräfte benötigt werden, soll die Beschäftigung mithilfe von Altersteilzeit sinken, hieß es.
Im Emder VW-Werk sind zurzeit noch rund 9500 Mitarbeiter beschäftigt (inklusive der befristet Beschäftigten). Gebaut werden dort die Modelle Passat Variant, Passat Limousine, der Arteon und in Kürze der Arteon Kombi.
Michael Hehemann, Geschäftsführer der IG Metall Emden, sprach gegenüber dieser Zeitung von „einem schwarzen Tag für die Beschäftigten und die Region“. Man habe gehofft, dass die Jobs in Emden gesichert seien. „Für die 500 Beschäftigten heißt das, ihren Lebensmittelpunkt zu verlagern, das ist für viele unter anderem wegen Familie gar nicht möglich“, sagte Hehemann. Er hätte sich von den Werksverantwortlichen „mehr Voraussicht“ gewünscht. „Sie hätten viel früher erkennen müssen, wohin die Reise des Passat und speziell des Diesel geht“, sagte er.
Statt des Angebots, in weit entfernten anderen Werken zu arbeiten, hätte sich Hehemann einen zeitweiligen Einsatz in anderen Werken mit Rückkehroption nach Emden gewünscht. Allerdings sagte er auch, dass „VW seine arbeitsrechtlichen Möglichkeiten in diesem Fall nutzt“. Die Elektromobilität könne zwar eine Chance sein, dennoch sei der Stellenabbau nach schlechten Nachrichten unter anderem von den Nordseewerken und Enercon eine Hiobsbotschaft.
VW-Personalvorstand Gunnar Kilian erklärte, dass der Bau von Elektrofahrzeugen weniger Produktionsschritte umfasse. „Daher benötigen wir in der Konsequenz auch weniger Arbeitskräfte. Wir alle wissen: Der dauerhafte Wechsel an einen anderen Arbeitsort ist kein leichter Schritt. Volkswagen war es wichtig, allen befristet Beschäftigten eine nachhaltige Beschäftigungsperspektive im Konzern zu geben.“ Daher soll die Beschäftigung mithilfe von Altersteilzeit sinken.
„Entscheidung mit Weitblick“
Bertina Murkovic, Betriebsratsvorsitzende von Volkswagen Nutzfahrzeuge sowie Mitglied des Volkswagen Gesamtbetriebsrats, sagte: „Mit dieser Vereinbarung haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, den Umbruch in der Automobilindustrie zu gestalten und Perspektiven für die Beschäftigten aufzuzeigen.“ Die Vereinbarung zur Jobgarantie für die Stammbelegschaft nannte sie einen „großen Erfolg in schwierigen Zeiten“. Insgesamt sei die Standortvereinbarung „ein Ergebnis mit Weitblick“.
„Die Landesregierung begrüßt die Vereinbarung zwischen dem Vorstand und dem Betriebsrat. Wir finden es richtig, dass der Strukturwandel nicht abgewartet, sondern gestaltet wird. Wir freuen uns darüber und unterstützen, dass damit eine klare Absicherung der Standorte verbunden ist. Niedersachsen wird damit ein Zentrum der Elektromobilität in Europa“, sagte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).
Die ursprünglich aus Oldenburg stammende stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Mareike Wulf fügte hinzu: „Wir wollen und wir müssen Mobilitätsland in Niedersachsen bleiben. Dabei werden wir auf die sozialen Aspekte und auf die Beschäftigten Rücksicht nehmen. Das Ergebnis ist der Startschuss für die E-Mobilität in Niedersachsen, das ist eine gute Nachricht.“
Johanne Modder, Vorsitzende der SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, sagte auf Nachfrage dieser Zeitung, dass absehbar war, dass es für den Passat schwierig werden würde. Den teilweisen Umstieg auf Elektromobilität sieht sie „als große Chance, denn die Umstellung muss kommen, der Elektromobilität gehört die Zukunft und Emden ist jetzt dabei“, sagte sie. Dass es für die 500 befristet Beschäftigten in Emden nicht weitergeht, nannte sie einen „Wermutstropfen und eine bittere Pille“. Es sei daher „ein Beschluss mit Höhen und Tiefen“.