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„Containern“ im Kreis Oldenburg Wenn das Retten von Lebensmitteln illegal ist

Auch im Kreis Oldenburg durchsuchen Lebensmittelretter Müllcontainer von Supermärkten nach unverdorbener Ware – was eigentlich verboten ist.

Auch im Kreis Oldenburg durchsuchen Lebensmittelretter Müllcontainer von Supermärkten nach unverdorbener Ware – was eigentlich verboten ist.

Claus Hock

Wildeshausen/Landkreis - Hin und wieder, vermutlich sonntags, würden Lebensmittelretter über den Zaun klettern, der das Edeka-Gelände am Westring in Wildeshausen umgibt, und im Müll nach Essbarem suchen. So schildert es Marktleiter Oliver Einemann. „Das gab’s schon.“ Er zeige den oder die Täter aber nicht an: „Wir haben da keine Probleme mit.“ Möglich wäre das durchaus, denn das sogenannte Containern ist nach derzeitiger Rechtslage strafbar. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wollen das jetzt ändern: Entsprechende Verfahren sollten eingestellt werden, fordern sie, sofern im Einzelfall keine anderen Verstöße wie Hausfriedensbruch einhergehen.

Wer haftet im Zweifel?

Einemann würde einen liberaleren Umgang mit dem Containern befürworten, sagt er – „wenn man die Gesetze anpasst und ich nicht die Haftung trage, wenn jemand Bauchschmerzen bekommt“. Momentan haften Supermärkte auch dann für ihre Lebensmittel, wenn sie diese in Müllcontainer auf dem eigenen Gelände geworfen haben. Erleidet also jemand nach dem Konsum geretteter Produkte eine Lebensmittelvergiftung, zeichnet der jeweilige Markt verantwortlich. Auch darum werden Mülltonnen oft eingeschlossen.

In Betrieben wird die Qualität von Lebensmitteln regelmäßig kontrolliert. Wer „containert“, also im Müll nach Essbarem sucht, muss sich dagegen auf die eigenen Sinne verlassen – aus Sicht des Verbraucherschutzes ist das heikel.

„CONTAINERN“ IM KREIS OLDENBURG Das sagt ein Verbraucherschützer dazu

Thilo Schröder
Wildeshausen

Einige Supermärkte in Wildeshausen – neben Edeka etwa auch Rewe oder K&K – kooperieren nach eigenen Angaben mit der Tafel und/oder der Initiative „Foodsharing“. So können sie Lebensmittel abholen lassen, die sie selbst nicht mehr verkaufen dürfen. Viele nähmen solche Angebote jedoch nicht wahr, sagt Linda Buken von „Foodsharing Wildeshausen“. „Viele große Ketten kooperieren nicht mit uns, aus ökonomischen Gründen.“ Es sei „nicht in Ordnung, dass Containern illegal ist“, sagt die 33-Jährige, „und dass es überhaupt erlaubt ist, Lebensmittel wegzuschließen“.

Thema umstritten

Bei der Wildeshauser Tafel sieht Vorsitzender Gerd Aring das anders: „Ich halte da nicht viel von.“ Besser sei es, dass noch essbare Lebensmittel kontrolliert abgegeben würden. „Wenn jeder auf die Container Zugriff hat, weiß man nicht, was da weggeschmissen wird.“ Isabella D’Ambrosio, Vizevorsitzende der Tafel Delmenhorst, die auch für Ganderkesee und Hude zuständig ist, hält das Containern dagegen für legitim, denn: Tafel-Kunden bräuchten einen Berechtigungsschein – es gebe aber Bedürftige ohne diesen Anspruch.

Wie viel weggeworfen wird

Deutschlandweit kamen 2020 rund 10,9 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle zusammen, wie das Landwirtschaftsministerium mitteilt. Das entspricht in etwa dem Gewicht von 1000 Eiffeltürmen. Im Handel entstanden 7 Prozent (0,8 Millionen Tonnen) der Abfälle, der Großteil fiel mit 59 Prozent (6,5 Millionen Tonnen) in privaten Haushalten an. Demnach wirft jeder Verbraucher und jede Verbraucherin jährlich rund 78 Kilogramm Lebensmittel weg.

Gerettet wurden im vergangenen Jahr bundesweit knapp 9000 Tonnen Lebensmittel, wie der Lieferdienst „Motatos“ errechnet hat. Das ist etwas weniger als das Gewicht des Eiffelturms.

Haltbarkeitsdatum

Wichtig für eine Neuregelung sei, so Buken, Supermärkte aus der Haftung herauszunehmen. Das gelte ebenso für einen weiteren politischen Vorstoß: eine Abschaffung des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD), wie sie der neue Vorsitzende der Verbraucherschutzminister-Konferenz, Peter Hauk (CDU), anvisiert. „Oft sind Sachen schon einen Monat abgelaufen und noch genießbar“, sagt Buken. Eine neue Regelung müsse indes sicherstellen, dass eventuell nicht mehr genießbare Produkte gekennzeichnet seien. Auch Aring wäre für ein MHD-Aus.

Für Linda Buken gilt bei der Lebensmittelrettung: „Bedürftigkeit steht vor Nachhaltigkeit.“ Wer auf kostenlose Angebote angewiesen sei, müsse zuerst drankommen. Die Tafeln und „Foodsharing“ ergänzten sich gegenseitig, es gebe „keine Konkurrenz“. So sieht das auch D’Ambrosio hinsichtlich der Container-Szene.

Thilo Schröder
Thilo Schröder Thementeam Polizei/Justiz
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