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Landesbühne In Wilhelmshaven Die Menschen haben nichts gelernt

Wilhelmshaven - Es ist erschütternd, dass dieser im Geist der Kant’schen Aufklärung geschriebene Bühnenklassiker gut 250 Jahre nach Veröffentlichung aktueller ist denn je. Und es ist wichtig und richtig, ihn im Jahr 2019 in Niedersachsen zur verpflichtenden Abiturlektüre zu erklären.

Auch – aber nicht nur – deshalb steht Gotthold Ephraim Lessings „Nathan der Weise“ auf dem Spielplan der Landesbühne Nord in Wilhelmshaven. Die Premiere am Sonnabend wurde vom Publikum gefeiert. Und ließ angesichts von weltweitem Terror, Krieg und Hass im Namen der Religion gleichzeitig ein beklemmendes Gefühl zurück: Die Menschheit hat in den vergangenen 250 Jahren nichts dazugelernt.

Welche Religion ist die einzig wahre und richtige? Diese Frage steht im Mittelpunkt des Stücks und wird von Lessing mit der berühmten und genialen Ringparabel (wer sie nicht kennt, bitte unbedingt googeln!) ausgehebelt.

Darüber hinaus geht es um Erkenntnis, Toleranz, selbstbestimmtes Leben und Liebe über religiöse und sonstige Grenzen hinweg. „Gewisse Dinge will ich lieber schlecht nach andrer Willen machen, als allein nach meinem gut“, sagt der zwischen eigenen Werten und kirchlicher Moral hin- und hergerissene Tempelritter in einer Schlüsselszene des Stücks.

Aus Not Tugend gemacht

Aus der Not aller Regisseure, dass der von Zensur bedrohte Lessing seinen Nathan 1779 eigentlich nicht für die Bühne, sondern als „dramatisches Gedicht“ geschrieben hat, macht Jochen Strauch eine Tugend: Er versucht erst gar nicht, eine dramaturgische Handlung zu entwickeln, sondern konzentriert sich ganz auf den von ihm geschickt gestrafften Text. Die Schauspieler rezitieren mehr, als dass sie agieren.

Langweilig ist das trotzdem nicht. Der Text wirkt umso stärker. Für Dynamik sorgt die von Frank Albert kongenial gestaltete Drehbühne. Dazu kommen Videos und Musik als moderne Stilmittel, die sich eindrucksvoll und bedrückend in die Inszenierung einfügen: Aufnahmen von zerbombten und brennenden Häusern, von Gotteskriegern und Götzenbildern.

Neben diesen plakativen Symbolen beeindrucken immer wieder kleine Regie-Ideen.

So schreibt Nathan am Anfang des Stücks nach seiner Rückkehr in die heute noch von Religionen umkämpfte Stadt Jerusalem aus den Buchstaben des Stadtnamens ein Anagramm mit den Begriffen EU und USA an die Wand. „Religion ist auch Partei“, wird der Tempelritter später sagen.

Eindrucksvoll eingespielt

Landesbühnen-Urgestein Johannes Simons gibt dem Nathan Wärme und Güte. Auch die anderen Akteure konzentrieren sich im Rahmen der reduzierten Dramaturgie auf wesentliche Charakteristika ihrer Figuren: Julius Ohlemann als selbstzweifelnder Tempelherr, Simon Ahlborn als machtbewusster Sultan, Anna Gesewsky als dessen kluge Schwester Sittah, Jördis Wölk als lernfähige Recha, Nathans Tochter – und Carolin Karnuth als deren herrisch-herbe Gesellschafterin. Helmut Rühl komplettiert in einer Doppelrolle als Derwisch und Klosterbruder das schon bei der Premiere bewundernswert eingespielte Ensemble.

Ulrich Schönborn
Ulrich Schönborn Chefredaktion (Chefredakteur)
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