Westerstede/Bad Zwischenahn - „Glück entsteht durch Überraschung. Wenn wir etwas mehr erfahren, als eigentlich erwartet“, erklärt Dr. Christian Figge. Er ist Direktor der Karl-Jaspers-Klinik in Bad Zwischenahn für Psychiatrie und Psychotherapie. Der Experte stellt klar: Glück ist nicht planbar. Auch nicht heute, am 20. März, dem internationalen Tag des Glücks. Grund genug also, diesem Phänomen auf die Spur zu gehen.

Je mehr der Mensch plant, desto mehr nimmt er dem Glück die Chance. Das wird deutlich im Spruch „Glück gehabt“. Aber ebenso wird immer behauptet, jeder sei für sein Glück selbst verantwortlich. Schon ein wenig irritierend, denn wenn man sich diese beiden Sätze genau anschaut, widersprechen sie sich. Was stimmt denn nun, widerfährt einem Glück oder kann man es selbst erzeugen?

„Es gibt kein dauerhaftes Glück“, betont der Psychiater. Glück an sich, ist also nie mehr als nur ein Moment. Doch wie entsteht er?

Was macht Sie heute glücklich?

„Der Nucleus accumbens, eine Gehirnregion, ist für unser Glücksempfinden verantwortlich. Wenn man die unter Strom setzt, löst das Glücksgefühle aus.“ Soweit, so gut, aber: Mäuse, an denen das getestet wurde, starben, weil sie unentwegt auf den Knopf drückten, der sie Freude empfinden ließ. Sie aßen nicht, tranken nicht, schliefen nicht. Was sagt uns das über Glück? „Das Maß macht es zu dem, was es ist“, so Figge. Demnach sind die echten Glückstage nur echte Glückstage, gerade weil sie nicht alltäglich sind, gerade weil sie oftmals rar sind.

„Was in einem Glück auslöst, kann ganz unterschiedlich sein“, weiß der Psychiater. Im Gespräch wird deutlich: Für die einen sind es die endlich erledigten lästigen Mathehausaufgaben, für den anderen eine warme Tasse Tee – und für den nächsten materielle Dinge. Allerdings kann das schnell zur Glücksfalle werden. Wer in materiellen Besitztümern sein Glück sieht, gewöhnt sich schnell an den neuen Luxus und dann muss etwas noch teureres her – ein Teufelskreis.

Und was sind Glückskiller? „Sich selbst unter Druck zu setzen, sofort glücklich sein zu wollen“, sagt der Psychiater. Hier greift der Spruch: „Jeder ist für sein Glück selbst verantwortlich.“ Bedeutet: Jeder ist für seine Zufriedenheit selbst verantwortlich. Das ist ein Unterschied: „Zufriedenheit ist der Zustand zwischen Glück und Pech. Wenn wir das, was wir erwarten, auch erleben, dann sind wir allgemein zufrieden“, so Figge. Glück hebe sich davon ab, weil es durch die Überraschung entstehe und ja gerade nicht das sei, was wir erwarteten.

Glück widerfährt einem, wenn man den Dingen Spielraum gibt und eben nicht alles kontrollieren will. „Ich sage immer, man muss dem Glück eine Chance lassen, erzwingen kann man es nicht“, so der Psychiater.

Dem Glück eine Chance geben – viele Ammerländer versuchen dies beim Lotto. Bei Wolsdorff in Westerstede etwa werden täglich mehrere hundert Lottoscheine verkauft. „Der Mittwoch-Jackpot liegt gerade bei 13 Millionen, da versuchen wieder viele ihr Glück“, sagt der Filialleiter Arno Wolters.

Andere Ammerländer setzen auf Entspannung und einen Blick ins Grüne. Keine schlechte Idee, schließlich steht die Farbe Grün für das Glück, und im Ammerland ist viel Grünes zu finden. Nur 15 Prozent der Fläche sind bebaut, da bleibt ausreichend Platz für Glücksgefühle. Bei mehr als 350 Baumschulen ist die Natur überall.

Doch kehren wir noch einmal zum Geld zurück, das doch für viele Menschen eng mit Glück verbunden ist. Hier bleibt festzustellen: Unter finanziellen Aspekten müssten viele Ammerländer relativ glücklich sein. Fast 22 000 Euro werden jedem Menschen in unserer Region – durchschnittlich – in diesem Jahr zur Verfügung stehen. Das ist mehr als in Oldenburg oder Hamburg.

Und: Kaum einer muss fürchten, dass ihm dieses Glück genommen wird. Das Ammerland hat die zweitniedrigste Kriminalitätsrat in Niedersachsen. Das ist doch auch schon mal Glück.