Navigation überspringen
nordwest-zeitung

Gewalt In Der Wesermarsch Respektlosigkeit nimmt erschreckend zu

Sönke Spille

Wesermarsch - „Ich weiß, wo deine Kinder zur Schule gehen“. Wenn solch eine Aussage auf die Polizei-Einsatzkräfte in der Wesermarsch trifft, ist es mit einem ruhigen Verlauf des Einsatzes beinahe immer vorbei.

Dazu hindern Gaffer, die auf der Straße anhalten, um Fotos von Unfällen zu machen und sie sofort in den sozialen Netzwerken zu teilen, oder Leute, die versuchen, sich trotz Absperrung doch einen Weg entlang der Unfallstelle zu bahnen, die Einsatzkräfte bei ihrer Arbeit. Auch wenn die Situation noch nicht so extrem ist wie in einigen deutschen Städten – auch in der Wesermarsch haben Einsatzkräfte mit einer zunehmenden Respektlosigkeit zu kämpfen.

Wie sind die Zahlen der Polizeistatistik?

Carsten Hoffmeyer, Polizeidirektor der Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land/Wesermarsch berichtet: „Wir haben es mit einer immer größer werdenden Respekt- und Distanzlosigkeit zu tun.“ Gerade in der Wesermarsch herrscht im Bereich der Polizeiinspektion statistisch der größte Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Im gesamten Landkreis wurden 17 Widerstände gegen Polizeibeamte, 13 Körperverletzungen und eine Bedrohung und Nötigung erfasst. Im Bereich Brake lagen die Zahlen bei acht Widerständen und sechs Körperverletzungen.

Worauf ist die Respektlosigkeit zurückzuführen?

Häufig seien Drogen und Alkohol der Grund für verbale und tätliche Angriffe. „Viele sind außer Rand und Band und kaum mehr zu beruhigen. Der Hass gegen den Staat wird häufig auf die Polizei projiziert“, sagt Frank Schill, Vorsitzender der Kreisgruppe Wesermarsch der Polizei-Gewerkschaft. Jan Hoffmann, Betriebsleiter des Rettungsdienstes Wesermarsch, hat bei Einsätzen festgestellt, dass es deutlich schneller Beschimpfungen gebe, wenn die Leute nicht ihren Willen bekämen. „Wirkliche Tätlichkeiten sind aber – zum Glück – absolute Einzelfälle.“

Wie reagieren die Einsatzkräfte auf Attacken?

„Die verbalen Ausdrücke, die teilweise fallen, will man gar nicht wiedergeben. Die Kollegen lassen sich extrem viel gefallen“, sagt Carsten Hoffmeyer. Das bestätigt auch Torsten Renken, im Rettungsdienst tätig, und Vorstandssprecher des Kreisinterventionsteams Wesermarsch. „Wenn ich im Einsatz bin, dann nehme ich verbale Attacken gar nicht mehr wahr."

Welche Personengruppe sind auffällig?

Das Alter der Täter spiele bei den respektlosen Attacken kaum eine Rolle. Carsten Hoffmeyer: „Das geht durch alle Altersschichten. Früher war es noch ein Männerproblem, heute gehören aber auch viele Frauen dazu.“

Werden Vorkehrungen der Einsatzkräfte getroffen?

Um sich bei möglichen Attacken richtig zu verhalten, gebe es für die Mitarbeiter im Rettungsdienst sogenannte Deeskalationstrainings. „Dabei geht es prinzipiell darum, wie man schnell aus einer Gefahrensituation kommt. Und auch ein Kommunikationstraining ist wichtig“, erzählt Jan Hoffmann. Schutzwesten, die für Rettungskräfte nun in vielen Städten eingeführt werden, hält er jedoch nicht für den richtigen Weg.

Welchen Einfluss haben soziale Medien?

Die sozialen Medien sind für die Einsatzkräfte zu einem immer größer werdenden Problem geworden. Nicht nur, dass Bilder von Verunglückten schneller verbreitet sind, als dass die Angehörigen durch die Einsatzkräfte informiert werden können. Auch Diskussionen von Leuten mit Polizeibeamten würden von danebenstehenden Freunden gefilmt, die Videos dann, für jedermann sichtbar, in die sozialen Netzwerke gestellt, geteilt und natürlich auch kommentiert.

Wie ist die Veränderung zu früher?

„Es liegt in der veränderten Kommunikation im Allgemeinen, dass die Hemmschwelle deutlich gesunken ist“, meint Peter Deyle, Geschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes im Kreisverband Wesermarsch.

Auch Michael Haferkamp vom Technischen Hilfswerk ist besorgt: „Früher gab es einen respektvollen Umgang, wenn jemand mit Uniform ankam, heute ist die Hemmschwelle gar nicht mehr vorhanden.“ Es werde immer erst einmal diskutiert. „Heute werden die Leute fast schon angespornt, wenn sie jemanden in Uniform sehen“, ergänzt Polizeidirektor Carsten Hoffmeyer.

Themen
Artikelempfehlungen der Redaktion
Spielbericht
Sah einen Erfolg in Hamburg: Oldenburgs Trainer Fuat Kilic

DERBY-NIEDERLAGE IN JEDDELOH ABGEHAKT VfB Oldenburg zeigt beim Eimsbütteler TV passende Reaktion

Niklas Benter
Eimsbüttel
Jetzt dauert es nicht mehr lange: Die Deichbrücke wird nach drei Jahren Sanierungszeit und mehreren Verzögerungen an die Jadeallee zurückkehren. Montag wird der Schwimmkran erwartet.

RÜCKKEHR NACH DREI JAHREN SANIERUNG Wilhelmshavener Deichbrücke an Himmelfahrt wieder an ihrem Platz

Stephan Giesers
Wilhelmshaven
Hatten im Hinspiel keinen leichten Stand: die Oldenburg DeWayne Russell (links) und Ebuka Izundu gegen den Tübinger Kriss Helmanis. Die Baskets unterlagen mit 84:93.

OLDENBURG EMPFÄNGT TIGERS TÜBINGEN Gegner der Baskets darf auf keinen Fall verlieren – Weitere Ausfälle möglich

Niklas Benter Mathias Freese
Oldenburg
Wills Woche
Is’ was?

ISLAM IN DEUTSCHLAND Keine Religion steht über der Kritik

Alexander Will
Jüdische Studierende an der Uni Oldenburg blicken mit Sorge auf die Vorfälle der vergangenen Wochen. Unsere Redaktion hat mit zwei Studentinnen darüber gesprochen, wie sie ihren Alltag erleben. (Symbolbild)

ANTISEMITISCHE VORFÄLLE IN OLDENBURG Zwischen Paranoia und Mut – So erleben jüdische Studierende die Stimmung auf dem Campus

Josepha Zastrow
Oldenburg