Navigation überspringen
nordwest-zeitung
Abo-Angebote ePaper Newsletter App Prospekte Jobs Immo Trauer Shop

bundesweit rund 35 Millionen Immobilien gelistet Preisschilder an fast allen Emder Häusern

Emden - Wer im Internet auf die Seite von Scoperty gerät, der bleibt da auch eine ganze Weile hängen. Garantiert. Denn mit dem Cursor in der Hand erfährt man dort mühelos eine ganze Menge über den Emder Immobilienmarkt. Was kostet eigentlich die Villa dort am Kanal? Was hat der neue Nachbar für sein Haus ausgegeben? Was bekomme ich für mein Reihenhaus? Doch bei näherer Betrachtung bleiben mehr Fragen als Antworten. Und ganz unumstritten ist die Sache auch nicht.

Was erfährt man beim Internetportal Scoperty?

Auf der Internetseite von Scoperty stößt man zunächst auf die Satelliten-Karte von GoogleMaps. Postleitzahl eingeben und ganz Emden liegt einem zu Füßen, und an fast jedem Haus hängen „Preisschilder“, die angeblich den aktuellen Wert der jeweiligen Immobilie angeben. Ausgenommen sind größere Gebäude, die auf eine Behörde oder eine Firma hinweisen. Das Verwaltungsgebäude der Stadt ist beispielsweise ohne Preisschild, eine private Villa im Osten der Stadt wird mit bis zu 770 000 Euro angegeben. Über 35 Millionen Häuser will Scoperty bundesweit bislang aufgeführt haben.

Wie kommt das Portal an die angegebenen Daten?

Das Unternehmen nutzt nach eigenen Angaben Informationen, die entweder öffentlich zugänglich sind oder aus Datenmaterial entsprechender Anbieter stammen. So fließen unter anderem Gebäudeadresse, Gebäudekoordinaten, geschätzte Wohnfläche. geschätzte Grundstücksgröße, geschätztes Baujahr, der Objekttyp (Haus oder Wohnung) oder die Anzahl der Privathaushalte in die Berechnungen eines Schätzwertes ein.

Was wird mit den Daten gemacht?

Das Unternehmen spricht von einem „hochkomplexen Algorithmus“, der die eingegeben Daten verwertet. Der von einem weiteren Immobilienbewerter, der Sprengnetter GmbH in Rheinland-Pfalz, entwickelte Algorithmus werde mit hunderttausenden bereits ausgewerteter Transaktionsdaten, Angebotspreisen, Lageinformationen und weiteren Daten gefüttert und lerne auf diese Weise ständig dazu.

Wie genau sind die Angaben von Scoperty?

Am Ende soll ein „Scoperty Schätzwert“ herauskommen, den der jeweilige Eigentümer mit der Übermittlung weiterer Daten verbessern kann – wenn er es denn tut und wenn er überhaupt weiß, dass sein Haus mit einem Schätzwert im Internet steht. Es wird betont, dass es sich eben nur um ein Schätzwert handelt und nur als Orientierung dienen soll. Tatsächlich ist Preisspanne in der Regel ungewöhnlich hoch. Zwischen dem unteren und den oberen Wert können locker 100 000 Euro liegen.

Wissen die Besitzer der Immobilien bescheid?

Nein. Die Immobilienbesitzer sind nicht gefragt worden, ob Scoperty ihre Häuser mit einem Preisschild versehen darf. Deshalb betont die Firma auch immer wieder, dass sie sich nur öffentlich zugänglicher Daten bedient. Aber auch Google hat niemanden gefragt, ob sein Haus von oben fotografiert werden darf. Und das Widerspruchsrecht liegt bei den Hausbesitzern.

Scoperty verspricht, die Schätzwerte zu löschen, wenn ein Eigentümer oder ein Mieter der Veröffentlichung seiner Immobilie widerspricht. Dafür muss man auf einen Link auf der Internetseite von Scoperty – der funktionierte gestern aber nicht wirklich.

Was steckt hinter der Firma? 

Seit November 2020 bietet das Unternehmen Scoperty GmbH aus München seine Daten im Internet an. Scoperty bezeichnet sich als Start-Up, also als Neugründung. Dahinter stehen inzwischen aber auch die niederländische Großbank ING und die Sprengnetter GmbH, die Software für die Immobilienwirtschaft liefert. Beide sind Gesellschafter von der Scoperty.

Nach Einschätzung von Experten verdient Scoperty mit der Vermittlung von Baufinanzierung und Maklern. Entsprechende Links sind dann auch auf der Internetseite zu finden. Externe Werbung findet sich noch nicht auf den Seiten.

Was sagen professionelle Immobilienmakler?

„In die professionelle Bewertung einer Immobilie fließen viel mehr Daten ein“, sagt Klaus Linkert, Leiter Treffpunkt Immobilien der Sparkasse Emden. Wichtig sei unter anderem der individuelle Zustand, das Erbbaurecht, die Energieeffizienz oder auch der eventuelle Renovierungsbedarf. Mit der Schätzung von Scoperty könne man daher wenig anfangen, zumal die angegebenen Preisspannen auch sehr groß sind.

Was sagen Datenschützer zum Scoperty-Modell?

„Uns liegen derzeit zehn Beschwerden gegen das Internetportal Scoperty vor“, bestätigte gestern der Sprecher der niedersächsischen Landesbeauftragten für den Datenschutz, Philip Ossenkopp. Zuständig aber sei das Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht (LDA Bayern), da Scoperty in München gemeldet ist. Dort ist man schon länger mit Scoperty befasst. Michael Will, Präsident des LDA, hat derzeit allerdings keine Bedenken. Gegenüber der EZ sagte er: „Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist die Veröffentlichung von Immobilien-Schätzwerten im Internet durch Scoperty unter Beachtung grundlegender Anforderung, insbesondere an die Transparenz und die Gewährleistung eines einfach auszuübenden Widerspruchsrecht für die betroffenen Grundstückseigentümer begründbar.“ Scoperty habe aber auch schon einige Male nachbessern müssen, so Will.

Jens Voitel
Jens Voitel Emder Zeitung
Themen
Artikelempfehlungen der Redaktion
Wird als erste Zeugin im Untersuchungsausschuss angehört: Finanz-Staatssekretärin Sabine Tegtmeyer-Dette (Grüne)

SITZUNG MEHRFACH UNTERBROCHEN Untersuchung zur Beförderung in Weils Staatskanzlei beginnt mit Eklat

Stefan Idel Büro Hannover
Hannover
Meinung

TAG DER PRESSEFREIHEIT Vom Glück, in einem freien Land zu leben

Ulrich Schönborn
Oldenburg
Auf Borkum wurden Ende April rund 20 Säcke mit bislang unbekanntem Inhalt angeschwemmt.

WAS WURDE ANGESCHWEMMT? Borkumer Drogenfund bleibt ein Rätsel

Axel Pries
Borkum
Symbolbild

UNFALL IN OLDENBURG Angetrunkener Radfahrer von Auto erfasst – schwer verletzt

Oldenburg
Symbolbild

TÖDLICHER UNFALL IN FRIESLAND Autofahrer erfasst mit Pkw 64-jährige Pedelecfahrerin

Jeversches Wochenblatt
Varel