Wilhelmshaven - Hilft das Wilhelmshavener Museumsschiff „Nordwind“ bei der Lösung der Ausbildungsprobleme der Marine? Zumindest vorübergehend könnte der Traditionssegler des Deutschen Marinemuseums dabei helfen, die Lücken zu verkleinern, die durch den langfristigen Ausfall der „Gorch Fock“ in der Offiziersausbildung der Marine entstanden sind.

Da das dreimastige Segelschulschiff „Gorch Fock“ durch einen langwierigen Werftaufenthalt derzeit nicht für Ausbildungsfahrten zur Verfügung steht, gibt es in der Marineschule Mürwik Überlegungen, den Wilhelmshavener Zweimaster „Nordwind“ vorübergehend zu chartern. Eine Entscheidung ist allerdings noch nicht gefallen, weil zunächst die Auflagen der europaweiten Ausschreibungspflicht erfüllt sein müssen.

Wie der Stiftungsvorsitzende des Wilhelmshavener Marinemuseums, Konteradmiral a.D. Gottfried Hoch, erklärte, ist daran gedacht, die „Nordwind“ von Oktober bis März nach Flensburg zu verlegen, wo sie dann zur Ausbildung der Marine-Kadetten eingesetzt werden kann.

Sollte es dazu kommen, wäre dies die vorübergehende Heimkehr des Traditionsseglers an den Ort, wo er bereits 50 Jahre zu Hause war. Die „Nordwind“ war nämlich von 1956 bis 2006 als Seemannschaftsschulboot der Marineschule eingesetzt. Auf Drängen des Bundesrechnungshofes war sie dann aus Kostengründen ausgemustert und vom privat geführten Marinemuseum erworben worden.

In Wilhelmshaven wurde der knapp 30 Meter lange Zweimaster von ehrenamtlichen Besatzungen instand gehalten und regelmäßig für Fahrten in Nord- und Ostsee eingesetzt.

Die „nordwind“

Der Zweimaster „Nordwind“ wurde 1945 in Bremen als Kriegsfischkutter auf Kiel gelegt. Das waren Fischkutter, die gleichzeitig als Vorpostenboot eingesetzt wurden. Das Schiff wurde 1948 fertig und dann als Segelschulboot für den Grenzschutz ausgerüstet.

Die Marine setzte die „Nordwind“ als Seemannschaftsschulboot zum Navigationstraining in der Ostsee ein. 2006 wurde die „Nordwind“ von der Marine außer Dienst gestellt, 2008 übernahm sie das Marinemuseum.

Mehrfach wurden Schiff und Besatzung in den vergangenen Jahren auch von der Seefahrtschule Leer für Ausbildungs- und Prüfungsfahrten des zivilen Kapitännachwuchses gechartert. Bei diesen Fahrten hatte es auch gelegentliche Kurzbesuche bei der Flensburger Marineschule gegeben. Da die „Gorch Fock“ länger als geplant ausfällt, weil sich bei einem routinemäßigen Werftaufenthalt herausstellte, dass umfassende Renovierungs- und Sanierungsarbeiten notwendig geworden waren, ist das Ausbildungskonzept der Marine durcheinander geraten.

Auf dem Großsegler wurden dem Offiziersnachwuchs der Marine die Grundlagen der traditionellen Seefahrt vermittelt und auch das Zusammenleben auf engstem Raum und unter wenig luxuriösen Bedingungen trainiert.

Im vergangenen Jahr hatte die Marine als Ausgleich bereits das rumänische „Gorch Fock“-Schwesterschiff „Mircea“ gechartert.

Da aber die Ausstattung der „Mircea“ nicht den Sicherheitsanforderungen der deutschen Marine entsprach, gab es keine Fortsetzung des Experimentes.

Jürgen Westerhoff