Heidelberg - Es ist alles andere als ein leichter Besuchsauftakt für Prinz William und Herzogin Kate in der Romantikstadt Heidelberg. Spazierten die jungen Royals am Vortag noch durchs Brandenburger Tor, stehen in Süddeutschland Blutstammzellen auf dem Programm. Der Aufenthalt im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg wirkt zunächst wie ein Bruch zu den unbeschwerten Bildern aus der Hauptstadt. Doch dann gibt es natürlich auch hier jede Menge tolle Bilder in malerischer Kulisse: Jubelnde Fans mit Fähnchen, lächelnde Hoheiten, Händeschütteln in der Altstadt, ein Brezel knetender Prinz und eine Herzogin im Ruderboot.

„Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich einmal meinem zukünftigen König meine Forschung präsentieren darf“, sagt der britische Arzt Michael Milsom. Er soll William und Kate erklären, wie ein fehlgesteuertes Gen in Blutstammzellen eine besonders aggressive Form von Blutkrebs auslösen kann. Es ist kein ausgesprochenes Programm für Kinder, die beiden Kleinen Charlotte und George hat das Paar sowieso in Berlin gelassen - zur großen Enttäuschung vieler Heidelberger.

Im DKFZ trifft das Paar auch eine Krebspatientin - und einen Mann, der Hoffnung verkörpert im Kampf gegen Krebs: Harald zur Hausen, der 2008 den Medizin-Nobelpreis bekam. Mit seiner Forschung legte er den Grundstein für die Entwicklung eines wichtigen Impfstoffes.

Nach dem intensiven Besuch im Forschungszentrum wechselt die Delegation, darin auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), die Flussseite - und das Programm gewinnt an Leichtigkeit.

Kretschmann schenkt dem Paar eine Kuckucksuhr und Teddybären aus Baden-Württemberg. In der historischen Altstadt mit den prachtvollen Bauten hat die Stadt einen deutsch-britischen Markt mit Essen und Getränken aufbauen lassen. Bauern, Winzer und Bäcker präsentieren ihre Waren. William und Kate drehen Brezeln, trinken Naturlimo und rollen am Stand der Heidelberger Bonbonmanufaktur Zuckerstangen. „Making sweeties!“, hieß es dazu auf dem offiziellen Twitter-Account des Kensington-Palasts, wo auch kurze Videos veröffentlicht werden.

Millionen Touristen zieht es jedes Jahr in die kleine Stadt mit dem Postkartenpanorama - auch viele Landsleute der Royals. Sie lieben „Heidelbörg“, steigen herauf zur berühmten Schlossruine oder schlendern über die barocke Alte Brücke. „Wir freuen uns auch deshalb über den Besuch, weil damit der intensive Austausch mit unserer Partnerstadt Cambridge gewürdigt wird“, sagt der Stadtsprecher Achim Fischer. Die Verbindung der Städte ist 52 Jahre alt. William und Kate in Heidelberg: Für den Herzog und die Herzogin von Cambridge ist es ein Heimspiel. Im Zentrum sind Fahnen mit dem Wappen der britischen Universitätsstadt zu sehen.

Auch der Stand des Freundeskreises Heidelberg-Cambridge hat einen prominenten Platz auf dem Markt unweit der Heiliggeistkirche. Etwas düster steht das aus Sandstein gebaute Gotteshaus am Westende des Marktplatzes. Bekannt ist es durch ein Bleiglasfenster des Künstlers Johannes Schreiter von 1984, das die Einstein-Gleichung E=mc2 und das Datum des Atombombenabwurfs auf Hiroshima zeigt - als Warnung vor blindem Glauben an Wissenschaft.

Etwas düster ist auch der Brexit, der den Deutschland-Besuch von William und Kate unsichtbar begleitet. Die Gäste dürften auch im Auftrag ihrer Majestät der britischen Königin unterwegs sein, um Ängste vor einem Abdriften Großbritanniens nach dem Austritt aus der EU zu dämpfen. „Wir würden uns wünschen, dass der Brexit keine größeren Auswirkungen auf die guten Beziehungen haben wird“, sagt Ursula Liedvogel vom Freundeskreis Heidelberg-Cambridge. „Unsere Cambridge-Freunde sind alle total gegen den Austritt aus der EU.“

Nach einer kurzen Stärkung - die Rede war von Ziegenkäse aus Nußloch, Gemüse vom Handschuhsheimer Feld und Odenwälder Forelle - geht es über Kopfsteinpflaster zum Neckar.

Inzwischen scheint auch die Sonne ein bisschen. Ruderboote warten unter der Alten Brücke - und Tausende Zuschauer. Darunter sind auch Schüler von vier Heidelberger Gymnasien. Weil die Royals in der Stadt sind, fällt ihr Unterricht aus - aber nicht etwa aus Begeisterung über den Besuch, sondern wegen der vielen Straßensperrungen. Die Schüler wären nach dem Unterricht erst viel später als sonst nach Hause gekommen.

Auf dem Neckar wetteifern William und Kate in zwei Booten mit zwei gemischten Mannschaften aus Heidelberg und Cambridge um die Wette. Zur Erinnerung gibt es Silbermedaillen mit der Gravur „Heidelberg Royal Regatta 2017“. Noch bevor die Boote nach dem Rennen richtig trocken sind, machen sich die Royals auf den Weg zurück nach Berlin.

Heidelberg werde vom Aufenthalt des Paars noch lange zehren, sagt Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos). Er spricht vom „Ereignis des Jahres“ und einem „Riesengeschenk“ für die Stadt. Die Kosten des Besuchs taxiert Würzner bei etwa 80 000 Euro. „Aber die Werbewirkung“, meint der Rathauschef, „liegt im Millionenbereich.“