London - Wenn Stephen Hawking etwas sagte, lauschte die Welt. Jahrzehntelang konnte sich der schwerkranke Astrophysiker aus Großbritannien nur noch über einen Sprachcomputer mitteilen. Doch das hielt ihn von hochkomplexen Themen nicht ab: Gibt es einen Gott? Ist noch anderes Leben in den Weiten des Universums? Kann die Menschheit auf einen anderen Himmelskörper übersiedeln, wenn die Erde unbewohnbar wird? Was auch immer Hawking dazu meinte, wurde viel diskutiert. Jetzt ist das Genie im Alter von 76 Jahren in Cambridge gestorben.

Ärzte hatten Hawking bereits vor etwa einem halben Jahrhundert vorausgesagt, dass er an der Muskelschwäche Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) sterben werde. Das hatte Folgen und trieb seinen Ehrgeiz noch an: Der Gedanke an den Tod habe ihn seit Langem begleitet. Angst habe er davor nicht, hatte Hawking stets gesagt.

Menschen mit funktionierender „Hardware“ sollten seiner Ansicht nach den größtmöglichen Wert aus ihren Taten schöpfen. Für Hawking selbst bedeutete das, Licht ins Dunkel des Universums und unserer Herkunft zu bringen. Schwierigste Theorien machte er Laien verständlich; sein Buch „Eine kurze Geschichte der Zeit“ (1988) wurde zum Bestseller.

In Wissenschaftskreisen fand seine Arbeit ebenfalls große Anerkennung, unter anderem hatte er 30 Jahre lang den berühmten Lucasischen Lehrstuhl für Mathematik an der Universität Cambridge inne – und war damit ein Nachfolger Isaac Newtons. Zu seinen bedeutendsten Erfolgen gehörte, dass er Anfang der 70er Jahre voraussagte, dass Schwarze Löcher – riesige, extrem massereiche Objekte im Kosmos – unter bestimmten Umständen Energie verlieren. In Anlehnung an Albert Einstein war er auf der Suche nach einer Formel, mit der sich die widerstreitenden Theorien über Relativität und Quantenphysik zusammenfügen ließen.

Es scheint auch die Symbolik zu sein, die bei seinen Auftritten mitschwang: Er konnte nicht mehr ohne Hilfe schreiben, nicht sprechen – aber mit dem Kopf reiste er zu den Sternen. „Ich bin der Archetypus eines behinderten Genies“, sagte Hawking einmal in einem Interview.

Das Weltall zog Hawking, der am 8. Januar 1942 genau 300 Jahre nach dem Tod von Galileo Galilei geboren wurde, seit seiner frühesten Jugend an. Schon in der Schule hatte er den Spitznamen „Einstein“. Nach dem Abschluss studierte er ein paar Semester Physik in Oxford, dann entschied er sich für ein Studium der Kosmologie in Cambridge.

Er war Anfang 20, als Ärzte bei ihm die ALS-Krankheit feststellten. Drei Jahre gaben sie ihm noch. Im Rekordtempo legte er eine wissenschaftliche Karriere hin, heiratete, gründete eine Familie. Nebenbei wurde er eine Art Popstar der Wissenschaft, spielte sich selbst bei einem Auftritt in einer Folge von „Raumschiff Enterprise“ und wirkte in der Zeichentrickserie „Die Simpsons“ mit.