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KIT Wesermarsch So hilft ein Kriseninterventionsteam in akuten Notlagen

Thomas Wulf (links) und Torsten Renken gründeten im Jahr 2007 den Verein KIT Wesermarsch. 2019 erfolgte die Fusion mit den Maltesern.

Thomas Wulf (links) und Torsten Renken gründeten im Jahr 2007 den Verein KIT Wesermarsch. 2019 erfolgte die Fusion mit den Maltesern.

KIT Wesermarsch

Wesermarsch - Teamleiterin Melina Janssen-Wulf berichtet gerade von der vielschichtigen Arbeit des Kriseninterventionsteams (KIT) Wesermarsch, als ihr Einsatzhandy schon wieder klingelt. „In diesem Jahr haben uns bislang ungewöhnlich viele Meldungen erreicht“, sagt sie einige Momente später.

Achtmal mussten ehrenamtliche KIT-Mitarbeiter im Januar bereits helfen; allein in der zweiten Kalenderwoche waren es fünf Einsätze. Zu den aktuellsten Vorfällen, bei denen das KIT vor Ort war, gehörten unter anderen die irrtümliche Überwältigung einer falschen Trickbetrügerin sowie der schwere Verkehrsunfall in Elsfleth, bei dem eine 83-Jährige von einem Auto erfasst wurde.

Was macht ein Kriseninterventionsteam eigentlich ?

Die Mitarbeiter sollen in akuten Krisensituationen „die Handlungsfähigkeit der Betroffenen für diesen Moment wiederherstellen“, erklärt Janssen-Wulf. Es handelt sich dabei jedoch nicht um Krisen, die etwa durch die Inflation oder die Corona-Pandemie entstanden sind. Die betreuten Personen sind vielmehr von Unfällen, Bränden oder – und das macht laut Janssen-Wulf den Großteil der Einsätze aus – von häuslichen Todesfällen der Angehörigen betroffen. Im Schnitt kommen so im Jahr zwischen 85 und 110 Einsätze zusammen.

Wie helfen die Mitarbeiter konkret ?

Entweder sprechen sie mit den Betroffenen oder hören einfach zu, sie „übersetzen“ die Äußerungen der vor Ort anwesenden Polizisten, schweigen gemeinsam mit den Beteiligten oder kochen auch nur einen Kaffee. In Krisensituationen habe sie schon die kuriosesten Dinge erlebt, verrät Janssen-Wulf. Einmal hätte eine Person Salz in den Kaffee getan, ein anderes Mal Zucker in die Kanne und nicht in die Tasse. Generell gelte: Was die Betroffenen mit den Mitarbeitern besprechen, bleibt geheim.

Erfolgt die Hilfe also immer in einem Haus ?

Die Hilfe erfolgt dort, wo die Menschen gerade sind: in der Wohnung, vor dem Haus, an der Unfallstelle. Für Vorfälle außer Haus nutzt das KIT Wesermarsch ein Spezial-Fahrzeug mit abgedunkelten Scheiben und drehbaren Sitzen, um mit den Menschen eine richtige Gesprächsatmosphäre zu schaffen, sie erst mal aus der Situation wegzuholen, gleichzeitig aber nicht komplett zu entfernen. Das Auto befinde sich in Brake, weil die Stadt zentral in der Wesermarsch liegt, erläutert Janssen-Wulf. Dennoch komme es auch vor, dass viel Zeit bis zum Eintreffen vor Ort verstreicht, wenn sich der Vorfall etwa in Tossens oder Lemwerder ereignete.


Kann jeder das KIT zu sich rufen ?

In der Regel erhalten die Mitarbeiter direkt von der Einsatzleitstelle oder von den Einsatzkräften vor Ort eine Mitteilung. Dann übernimmt die Teamleitung die Koordination, alles wird stehen und liegen gelassen. Das Problem: Die ehrenamtlichen Helfer sind auf die Rücksicht ihrer Arbeitgeber angewiesen, da sie nicht den beispielsweise Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr gleichgestellt sind, die auch während der Arbeit sofort zu Einsätzen ausrücken dürfen und müssen. Umso wichtiger ist es laut Janssen-Wulf, dass das Team aus derzeit rund einem Dutzend Mitgliedern wächst.

Wer kann dem KIT helfen ?

Grundvoraussetzungen sind laut Janssen-Wulf Empathie und psychische Stabilität sowie die generelle Bereitschaft, anderen Menschen zu helfen. Nicht ideal sei es, wenn sich Mitarbeiter selbst in persönlichen Krisen befinden, da dadurch die wichtige Balance von Fremd- und Selbstwahrnehmung aus dem Gleichgewicht geraten könne.

Interessierte Personen müssen zudem ein rund einwöchiges Basis- und ein halbes Jahr später ein etwa zweiwöchiges Aufbauseminar absolvieren, in denen Grundlagen der psychischen Ersten Hilfe sowie praktische Tipps vermittelt werden. Dazwischen sollten sie praktische Erfahrungen sammeln. Die Kosten in Höhe von rund 2000 Euro übernehmen die Malteser.

Wie sehr belasten die Schicksale die Mitarbeiter ?

Das ist laut Janssen-Wulf natürlich unterschiedlich, ratsam seien allerdings gewisse Rituale. Ein Mitarbeiter etwa trinke nach einem Einsatz immer einen Tee, ein anderer höre sehr laute Rockmusik, berichtet Janssen-Wulf. Außerdem tragen die Mitarbeiter bei Einsätzen spezielle Schuhe und Jacken, die nach einem Vorfall dann auch „bewusst und achtsam“ ausgezogen werden sollten – um quasi eine Grenze zwischen Privatleben und Einsatz zu ziehen.

Nicolas Reimer
Nicolas Reimer Thementeam Polizei/Justiz
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