Bremen - So gesund und glücklich wie möglich sollten alle leben können, dass ist Sonia Lippkes Herzenswunsch. Als Professorin für Gesundheitspsychologie an der Jacobs University Bremen setzt sie sich dafür ein.
Sie ist zum Beispiel in dem großen Bereich der orthopädischen Reha aktiv. Denn viele haben Rückenprobleme, weil sie bei der Arbeit täglich acht Stunden sitzen. Irgendwann ist eine ärztliche Behandlung nötig. Damit diese dauerhaft erfolgreich ist, muss das Verhalten im Alltag geändert werden. Hier beginnt Lippkes Einsatzgebiet.
„Wir als Forschende sind dabei nicht die Experten. Jeder einzelne ist Experte für seine eigene Gesundheit“, stellt die Psychologin klar. „Die Aufgabe von Wissenschaftlern ist es, Fragen zu stellen und gut zuzuhören. Wir müssen die Daten systematisch aufbereiten, auswerten und die Ergebnisse wiederum der Bevölkerung zur Verfügung stellen.“
Eigenen Weg finden
Dann ist es die Aufgabe jedes Einzelnen, sich aus den Empfehlungen das passende auszusuchen. Sonia Lippke hat sich etwa angewöhnt, Videokonferenzen und Telefonate im Stehen zu führen, damit sie nicht den ganzen Arbeitstag sitzt. „Wenn ich viele Videokonferenzen hatte, bin ich abends ganz schön erschöpft“, erzählt sie lachend.
Mit Blick auf Sport und Bewegung muss auch jeder seinen eigenen Weg finden. „Eine Kollegin von mir läuft jeden Morgen eine halbe Stunde richtig schnell. Das könnte ich nicht, danach wäre ich erst mal zwei Stunden völlig fertig“, so Lippke. Ihr tut Nordic Walking oder Sport an Geräten am Abend gut. Danach kann sie auch sehr gut einschlafen.
„Früher hatte ich oft Probleme einzuschlafen, weil es nicht funktioniert, wenn ich an die Arbeit denke. Heute stelle ich mir vor, wie ich eine Nordic Walking-Strecke laufe und bin oft überrascht, wie schnell ich dabei einschlafe. Da habe ich in meinen 48 Lebensjahren doch dazugelernt.“
Offen für Neues
Immer offen zu sein für Neues ist eine Eigenschaft, die Sonia Lippke schon ihr ganzes Leben begleitet. Aufgewachsen ist sie in Mexico, Spanien und Göttingen. Da sie schon immer gern mit jungen Leuten zusammenarbeitete, bewarb sie sich fürs Lehramtsstudium. Weil sie keinen Studienplatz mit ihrer Wunschfächerkombination Mathe und Kunst bekam, machte die Alternative Psychologie das Rennen. Während des Studiums zog es sie für ein Praktikum nach Kalifornien (USA).
Nach dem Grundstudium wurde ihr Göttingen zu klein. Berlin sollte es sein. „Dort bin ich als Erwachsene groß geworden, habe mein Diplom gemacht, promoviert, habilitiert und zwei Kinder bekommen“, berichtet Lippke. Ihr drittes Kind kam in Bremen zur Welt, wo sie seit 2011 Professorin ist. Mit großem Erfolg. So ist sie etwa kürzlich für ihre interdisziplinäre Arbeit mit dem „Distinguished Scientific Contributions Award“ der Internationalen Vereinigung für Angewandte Psychologie ausgezeichnet worden. Außerdem wurde sie zum Mitglied der Neunten Altersberichtskommission der Bundesregierung ernannt. „Es geht darum, Altern besser zu verstehen und erfolgreiches Altern aller zu unterstützen“, so Lippke.
Kommunikationstraining
Eine Richtung, die ihre absolut liegt, denn sie will nicht „um des Forschens willen forschen“, sondern stellt immer einen direkten Bezug zur Praxis her. Wie zum Beispiel mit dem Kommunikationstraining für werdende Eltern und medizinisches Fachpersonal im Bereich Geburtshilfe. „Wir haben festgestellt, dass Kommunikationsprobleme zwischen medizinischen Fachkräften und Patienten darauf beruhen, dass viele denken, es sei sowieso alles klar – ist es aber häufig nicht“, erklärt die Professorin. „Es kommt leider immer wieder vor, dass Eltern lange brauchen, um sich von dem Geburtserlebnis zu erholen, weil es traumatisch war.“
Um dem entgegenzuwirken, hat Sonia Lippke mit ihrem Team das Kommunikationstraining und eine begleitende App entwickelt. „Wir haben dabei festgestellt, dass in einem Kommunikationstraining der menschliche Kontakt entscheidend ist. Die „Team Baby App“ ergänzt die in Workshops erarbeiteten Inhalte.“ Bis Ende des Jahres steht die App kostenlos zu Verfügung. Dann läuft das Projekt aus. Lippke ist deshalb derzeit auf der Suche nach Krankenkassen oder anderen Institutionen, die die App und das Trainingsprogramm übernehmen, damit sich in Zukunft Mediziner und werdende Eltern besser verstehen.