Wildeshausen - Fast schon ein Stück zu schnell ist die Pause am Sonnabendabend im Forum des Gymnasiums in Wildeshausen da gewesen. Mancher wischte sich noch verholen eine Lachträne aus den Augenwinkeln, andere zeigten sich von den tiefen Hintergründen des Schauspiels „Der Mann, der niemals weinte“ inszeniert vom Theater Laboratorium aus Oldenburg beeindruckt.

„Seit Wochen ist die Aufführung ausverkauft“, so Gerhard Lange für den Kulturkreis Wildeshausen. Bereits zum dritten Mal hatte der Kulturkreis das Theater Laboratorium nach Wildeshausen eingeladen. Und auch diesmal verging die Aufführungszeit wie im Fluge.

Demenz, das Stichwort, das oft Schlagzeile macht und angesichts einer alternden Gesellschaft nur zu oft den Alltag in den Familien bestimmt, beherrscht das Figurentheater und damit die bemerkenswerte Aufführung, die beste Unterhaltung vor ernstem Hintergrund bot.

Severin (Pavel Möller-Lück), ein Zeitgetriebener in der Hektik des Alltags unterbricht sogar seine abendlichen Entspannungsübungen. Vater Paul (lebensgroße Puppe), in der Zeit zwischen den Weltkriegen geboren, hat seine Kindheit in Angst verbracht und nie ganz wegsteckt. Er lebt nun bei seinem Sohn Severin, der das Familienunternehmen führt.

Und dann klingelt es an der Tür. Tochter Marie (Esther Vorwerk) kommt aus London mit riesigem Gepäck, um ihrem Opa zum 87. Geburtstag zu gratulieren.

Daraus entspinnt sich für den Zuschauer ein Kennenlernen der Charaktere und Beziehungen. Severin ist Pauls einziges Kind, der sein Leben dem Familienbetrieb gewidmet hat, Umzüge und Veränderungen geradezu hasst und dabei Familie und Wünsche oft in den Hintergrund stellte.

Severin und Marie versuchen so gut es geht auf die Demenz von Paul einzugehen. Dabei eröffnet sich ihnen eine ganz neue Welt. Mit der Demenz und dem Vergessen fällt es Paul unbewusst leichter, sein Leben doch aufzuarbeiten und davon zu berichten.

Eine Leichtigkeit, die auch Severin und Marie spüren und sie zum Nachdenken anregt. Hoffnungen und Träume, die Paul immer verdrängt hatte, sind wieder da.

Klar werden in dem Stück der schleichende Verfall mit zunehmender Verwirrtheit, Hilflosigkeit und Angst. In dem Mix aus Figurentheater und Schauspiel schafft Regisseurin Barbara Schmitz-Lenders, das Thema Demenz, aber auch die Geschehnisse und Verarbeitung von Kriegszeiten, aufzuarbeiten.

Einmal mehr brilliert Pavel Möller-Lück in der Rolle des Sohns und zugleich der Stimme für Vater Paul. Die passenden Akzente und Fragen der jüngeren Generation bringt Esther Vorwerk in lockerer und jugendlicher Art und Weise ins Spiel. Eine gelungene Aufführung zu einem tagesaktuellen Thema.