Kirchhatten/Hamburg - Angesichts der Zunahme des Verkehrs auf den Straßen ist das für den Kirchhatter Unternehmer Stephan Möller wichtig: ein Fahrsicherheitstraining. Seit Jahren organisiert der Geschäftsführer der Beratungsfirma „shm Netzwerk“ solche Kurse; entweder als Service für die Kunden oder bei einem Fahrzeugwechsel. Gut 119 Euro kostet das Sicherheitstraining. Die Berufsgenossenschaft, die sich Unfallverhütung auf ihre Fahnen geschrieben hat, gibt 75 Euro dazu.
Als er diesmal zur Vorbereitung auf den Winter ein Fahrsicherheitstraining anbieten will, verweigert die Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG, Hamburg) den Zuschuss. Ihre Begründung: Sie wolle in der Corona-Pandemie einen Beitrag leisten, das Infektionsgeschehen einzudämmen, erfährt Möller nach hartnäckigen Nachfragen.
Das kann er Unternehmer kaum nachvollziehen. Auch im zweiten Lockdown erlaubt der Gesetzgeber berufliche Weiterbildungsmaßnahmen, argumentiert der 52-jährige Kirchhatter. Das Fahrsicherheitstraining findet auf abgesperrten Übungsplätzen nach einem Hygieneplan statt. Die Teilnehmer nutzen ihr eigenes Auto. Und die eingesetzte Technik, etwa Funkgeräte, werde im Anschluss desinfiziert. Das Infektionsrisiko dürfte selbst nach Erkenntnissen des Robert-Koch-Institutes (RKI) ausgeschlossen sein.
Das sagt der ADAC
Für Kopfschütteln sorgt die Argumentation der VBG auch beim Automobilclub ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt. „Das Auto ist in der Pandemie Verkehrsmittel Nummer 1“, sagt ADAC-Sprecherin Alexandra Kruse in Laatzen. Es sei wichtig, sich auf die nasse und dunkle Jahreszeit vorzubereiten. Daher sei der Trainingsbetrieb auf den Anlagen auch nicht eingeschränkt worden. Abstands- und Hygieneregeln würden auf den ADAC-Anlagen streng eingehalten. Kruse berichtet von anderen Berufsgenossenschaften, die weiterhin Gutscheine ausstellen. Die Abrechnungsmodalitäten seien lange eingeübt.
So argumentiert VBG
VBG-Sprecherin Daniela Dalhoff verweist auf das aktuelle Pandemiegeschehen. Ihr Unternehmen wolle dazu beitragen. Kontakte zu vermeiden. „Das Fahrsicherheitstraining kann man auch zu einem späteren Zeitpunkt durchführen“, sagt Dalhoff. Die VBG zählt insgesamt 1,2 Millionen Unternehmen aus mehr als 100 Gewerbezweigen.
Das meint Möller
Der Kirchhatter bezeichnet die Argumentation der VBG als „anmaßend“. „Wo soll es hinführen, wenn jede Organisation oder Behörde versucht, die Regelungen anderer durch noch strengere Regeln zu überbieten?“, fragt er. Dann könne man den „Laden bald ganz dicht machen“. Offenbar verlören so manche in der Pandemie das Außenmaß.
Das geplante Fahrsicherheitstraining für zwei seiner Mitarbeiter werde er nun selbst finanzieren. Sie sollten nicht unter den Restriktionen der Berufsgenossenschaft leiden. Gleichwohl hofft er, dass die VBG ihren Kurs korrigiere.