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Analyse zur Arabischen Welt Fluch des Arabischen Frühlings

Yousry Hammed

Vechta - Weg mit dem Regime! Freiheit! Soziale Gerechtigkeit! In den Jahren 2010 und 2011 gingen die Menschen in Tunesien, Ägypten, Libyen, Jemen und Syrien mit diesen Forderungen auf die Straße. Sie prägten die arabischen Länder fast das gesamte vergangene Jahrzehnt. Was aus ihnen geworden ist, hatte nicht nur in der Region dramatische Folgen – sondern auch für Europa. Damit hatte der Westen nicht gerechnet. Ganz im Gegenteil: Die Euphorie des Westens ist sogar derart groß gewesen, dass diese Aufstände und Rebellionen „Arabischer Frühling“ genannt wurden.

Syrien

Zu den üblen Folgen zählt etwa der Krieg in Syrien, an dem sowohl die Länder des Sicherheitsrates als auch die regionalen Mächte der Region, wie Saudi-Arabien, der Iran und die Türkei, beteiligt sind. Der forderte hunderttausende Tote und zwang mehr als die Hälfte der syrischen Bevölkerung zur Flucht. Aus der Instabilität und dem Chaos entstanden islamistische Bewegungen wie der islamische Staat (IS), die es sich zum Ziel setzten, eine „Gottesordnung“ beziehungsweise ein islamisches Kalifat in Syrien und dem Irak zu errichten. Davon profitierten Assads Regime, das bis dahin an der Macht war, Russland, dessen Präsident eine neue Front im Nahen Osten eröffnen konnte, um den Westen unter Druck zu setzen, und auch der Iran, der so Waffen über Syrien an die schiitische Hisbollah-Miliz im Libanon und an die Hamas im Gazastreifen liefern konnte. Letzteres mit dem Ziel, Israel zu eliminieren.

Jemen

Als Folge des Arabischen Frühlings brach zudem ein religiöser Konflikt im Jemen zwischen vom Iran unterstützten Schiiten und den Sunniten aus, hinter denen Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate stehen. Über diesen Konflikt und dessen dramatische Folgen wurde nicht viel berichtet.

Libyen

In Libyen gelang es den westlichen Mächten zwar, Diktator Muammar al-Gaddafi durch eine Nato-Operation zu stürzen, aber seitdem vertreten sie keinen einheitlichen Standpunkt mehr. Frankreich steht auf der Seite des den Osten Libyens kontrollierenden Generals Chalifa Haftar, der militärisch von Russland, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten unterstützt wird. Deutschland, die Türkei und Katar schlugen sich auf die Seite der international anerkannten Regierung in Tripolis, die von Fayez al-Sarraj geführt wird.

Tunesien

In Tunesien hingegen ist die Lage besser geworden, was die Entwicklung des demokratischen Prozesses angeht. Dies bedeutet aber nicht, dass der politische Islam in Gestalt der Muslimbruderschaft keinen Einfluss nimmt. Tunesien profitiert von mehreren Faktoren, die demokratisierend wirken: Dazu zählen die französische Sprache, die nahezu alle Einwohner sprechen, die geschwächte Rolle des Militärs und die vergleichsweise geringe Bevölkerungszahl.

Ägypten

Dagegen ist Ägypten militärisch geprägt. Zudem gilt es mit 100 Millionen Einwohnern als bevölkerungsreichstes Land in der Region. Zu Zeiten erwies sich Ägypten als Leuchtturm für andere arabische Länder, sei es im Friedensprozess mit Israel oder in bilateralen Beziehungen zum Westen.

<p>            Autor dieses Textes ist Yousry Hammed (29). Geboren  in Ägypten, ist er heute  Doktorand an der Uni Vechta. Sein Thema ist der politische Islam. (Foto: privat)         </p>

Autor dieses Textes ist Yousry Hammed (29). Geboren in Ägypten, ist er heute Doktorand an der Uni Vechta. Sein Thema ist der politische Islam. (Foto: privat)

Allerdings ist Ägypten auch das Land, in dem der politische Islam entstehen konnte und das Vordenker des Jihadismus wie Hassan Al-Banna und Syed Qutb hervorbrachte, die alle islamistischen Bewegungen inspiriert haben. Der politische Islam in Ägypten erreichte im Jahr 2012 seinen Höhepunkt, nachdem ein Anhänger der Muslimbruderschaft die Macht übernahm und die Muslimbruderschaft und die Salafisten fast 70 Prozent der Sitze im ägyptischen Parlament gewannen. Ein Jahr später erhob sich das ägyptische Volk gegen die Muslimbrüder, woraufhin diese vom Militär entmachtet wurden.

Es zeigt sich: Die Araber sind keine homogene Masse, sie sind politisch heterogen. Sie verbindet in der Regel nur, dass sie die Sprache des Korans, Arabisch, sprechen und der Islam meist Staatsreligion ist. Diese Heterogenität zeigt sich vor allem in Konflikten wie in Syrien, Libyen und dem Jemen, wo Ethnie, Konfession und Stammeszugehörigkeit von entscheidender Bedeutung sind. Vor allem diese Identitäten führten zur Zuspitzung der Konflikte. Das gilt vor allem in Syrien, dessen Krieg jetzt länger als die beiden Weltkriege insgesamt dauert. Für diese Länder erwies sich der Arabische Frühling als Fluch, während er für Tunesien und das Militär in Ägypten Segen bedeutete.

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