Hannover - Wenn Helga Berndmeyer eine Anfrage bekommt, dann ist der Anlass kein schöner. Seit 18 Jahren erfüllt sie bei „Aktion Kindertraum“ die Wünsche schwer kranker und benachteiligter Kinder und Jugendlicher. „Die Situationen, in denen diese Wünsche entstehen, sind ganz unterschiedlich. Manche Kinder wachsen unter schwierigen Umständen auf“, sagt die Koordinatorin, „beispielsweise in einem gewalttätigen Umfeld“. Oft seien die Kinder aber schwer krank, manchmal die Eltern oder auch das Geschwisterkind. Situationen, in denen Eltern nicht die Mittel haben, große Wünsche zu Erfüllen.

So war es auch bei der 14-jährigen Hanna* aus Lohne (Landkreis Vechta). „Hanna hat ein schwer krankes Geschwisterkind“, erzählt Helga Berndmeyer. „Die gesunden Kinder müssen oft zurückstecken, weil die Pflege des kranken Kindes sehr viel Energie und Geld kostet“, erzählt Berndmeyer. Hanna war damit ein klassischer Wunsch-Fall. „Eine große Pferdenärrin, die so gern mal das einstige Wunderpferd Totilas sehen wollte.“ Helga Berndmeyer und ihre Kolleginnen stellten Kontakt zu Dressurreiter Matthias Rath her – und der willigte in das Treffen ein. Auch, wenn Hanna den mehrere Millionen teuren Hengst nicht selbst reiten durfte: „Die Reaktion der Kinder ist immer eine Belohnung für uns“, sagt Helga Berndmeyer.

Seit 20 Jahren gibt es die „Aktion Kindertraum“, in diesem Jahr feiert die Initiative ihr Jubiläum. Sieben Mitarbeiterinnen und über dreißig ehrenamtliche Helfer kümmern sich um die Wünsche, die sie aus ganz Deutschland erreichen und sich nur durch Spenden finanzieren. Nicht alle können erfüllt werden: 2 500 waren es seit Bestehen der Initiative.

Der mit Abstand aufwendigste und mit 40 000 Euro teuerste war der Wunsch des 19-Jährigen Willi: eine Reise nach New York. Willi ist an einer Muskelkrankheit erkrankt und sitzt seit seinem achten Lebensjahr in einem elektrischen Rollstuhl. Weil er nicht mit dem Flugzeug reisen kann, blieb nur eine Anreise per Schiff. Nach mehr als einem Jahr Recherche und Vorarbeit stach Willi Ende August 2017 in See. Vor Ort hatte ihm die „Aktion Kindertraum“ zusätzlich Besichtigungen und Stadtrundfahrten ermöglicht.

„Wenn jemand sich einen Laptop wünscht, dann lässt sich das in der Regel leicht realisieren“, sagt Koordinatorin Helga Berndmeyer, weil es vielleicht nur einen Händler als Sponsor braucht. Komplizierter können Begegnungen mit Prominenten sein – vor allem, wenn sie nicht aus Deutschland kommen. „Ein Kind wünschte sich einen Backstage-Besuch bei den Backstreet Boys“, erinnert sich Helga Berndmeyer. Die Popgruppe stand Ende der 90er Jahre in ihrem musikalischen Zenit, in diesen Jahren war es eher still um die Gruppe geworden. „Da mussten wir tatsächlich mehrere Jahre warten, bis die Band mal wieder in Deutschland war und wir ein Treffen überhaupt anfragen konnten.“ Aber es hat geklappt.

Wichtigstes Merkmal bei der Wunscherfüllung sei die komplette Unterstützung der Kinder und Jugendlichen, sagte Gründerin Ute Friese bei der Jubiläumsfeier. „Wir geben niemals nur das Geld, wir tun es.“ Und: „Wir bewerten die Wünsche nicht. Natürlich kann man sagen: Wieso bloß New York, woanders wäre doch viel einfacher. Aber gesunde Kinder können jobben und sich ihren Wunsch selbst erarbeiten. Diese Möglichkeit haben erkrankte Kinder nicht.“

So übernehme das Team die komplette Planung, ganz gleich, ob eine Reise ins Disneyland gewünscht werde oder ob eine Familie endlich einmal einen Drachen am Meer steigen lassen wolle. Bewerben könnten sich kranke oder benachteiligte Kinder, ihre Geschwister oder auch Familien. „Entscheidend ist, dass die Familie sich den Wunsch nicht selbst erfüllen kann.“ Es seien auch nicht immer die großen, spektakulären Dinge, die Kinder glücklich machten. „Über eine Sozialarbeiterin erreichte uns mal der Wunsch von Andrea*, die aus schwierigen sozialen Verhältnissen stammte. Die 16-Jährige liebt es, Musik zu machen. Jetzt hat sie ein eigenes Keyboard.

*Name von der Redaktion geändert