Herr Niemeyer, kurz nach dem Aus beim Finalturnier in München hatten Sie gesagt, dass es im Basketball nie wieder so werden wird wie zuvor. Das klingt ziemlich düster. Hat sich ihre Meinung diesbezüglich geändert? Schließlich könnten eventuell bald wieder Zuschauer in die Arenen strömen?

Stefan NiemeyerDass „bald“ wieder Zuschauer in die Arenen „strömen“, halte ich nicht für eine realistische Annahme. BBL, HBL und DEL arbeiten an Lösungen dafür, wie ein Saisonstart mit Zuschauern gelingen kann. Eine volle Auslastung aber wird bis auf Weiteres nicht realisierbar sein, das sollte jedem klar sein. Für uns alle haben sich die Zeiten geändert und wir müssen jetzt gemeinsam daran arbeiten, wie wir möglichst gut aus dem Corona-Schlamassel herauskommen. Aber man darf eben bei allen diesen Bemühungen auch nicht vergessen, dass das Infektionsgeschehen in und um die einzelnen Standorte herum von den Clubs nicht beeinflusst werden kann.

Wäre das, durch die Größe des Rasta-Dome, ohnehin nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

NiemeyerWir müssen für die kommende Saison unsere Personal- und Betriebskosten so anpassen, dass wir mit dem Geld, das wir wohl einnehmen werden, hinkommen. Unsere Fans spielen dabei aber ja nicht nur eine Rolle als Ticketkäufer – sie sind viel mehr!

Inwiefern?

NiemeyerWir alle vermissen die großartige Atmosphäre im Rasta-Dome, die Vorfreude auf den Samstagabend, das Zusammensein mit Freunden und auch das Kennenlernen von Fans anderer Clubs. Auch wenige Fans sind also viel mehr als ein „Tropfen auf den heißen Stein“, weil sie im Besonderen für die Basketball-Kultur in Vechta stehen.

Viel hängt auch von den Sponsoren ab. Gab es schon positive Gespräche und Signale?

NiemeyerJa, die gibt es reichlich. Hier ist in den letzten zehn Jahren etwas gewachsen, das man wirklich als herausragend bezeichnen kann. Schon in den letzten Monaten haben unsere Sponsoren – und natürlich unsere weiteren Fans – eine Solidarität mit uns bekundet, die alles andere als selbstverständlich ist. Dank der Verzichte auf Rückforderungen hatten wir überhaupt die Möglichkeit, dieses Geschäftsjahr abschließen zu können und ein neues in der BBL zu planen. Wir alle bei Rasta sind sehr dankbar für diese Unterstützung!

Wie sehen die nächsten Schritte aus?

NiemeyerJetzt geht es darum, neue Ideen zu entwickeln und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um unseren Sponsoren auch in der kommenden Saison Plattformen zu bieten, auf denen sie sich bestmöglich präsentieren können.

Wie steht Rasta aktuell da, auch mit Blick auf die kommende Saison?

NiemeyerDas Geschäftsjahr 2019/20 konnten wir aufgrund der bereits angesprochenen Solidarität von Fans, Sponsoren, Spielern und Coaches sowie weiteren Mitarbeitern plus Einsparungen an allen Ecken und Enden vernünftig zu Ende bringen. Die noch herausfordernden Monate kommen jetzt auf uns zu.

Wie kann Vechta diese bewältigen?

NiemeyerMithilfe unserer Sponsoren – und eines Tages hoffentlich auch wieder mit mehr Fans im Rücken – werden wir Rasta hoffentlich durch die anhaltende Corona-Krise steuern können. Das von der Bundesregierung verabschiedete Konjunkturpaket macht ebenfalls Hoffnung darauf, dass uns entgehende Einnahmen aus dem Ticketing in Teilen doch zur Verfügung stehen werden.

Apropos Zukunft: Für die neue Saison steht nur Jung-Nationalspieler Philipp Herkenhoff unter Vertrag. Wie sieht die Planung derzeit aus – auch mit Blick auf die drastisch sinkenden Spielergehälter, die Sie kürzlich angesprochen hatten?

NiemeyerPriorität hat bei uns aktuell die Besetzung der Stelle des Cheftrainers. Dessen Überlegungen zum Spielstil sind maßgeblich dafür, wie unser Kader in der kommenden Saison aussehen soll – gesetzt den Fall, die Wünsche des Trainers können von uns in finanzieller Hinsicht erfüllt werden.

Und wie sehen Ihre Wünsche aus?

NiemeyerKlar ist, dass ich mir wünsche, dass Philipp Herkenhoff und auch Luc van Slooten bei uns ihre Entwicklung zu Top-Spielern nehmen. Außerdem sind unser Kapitän Josh Young und „Verteidigungsminister“ Max DiLeo ganz sicher Spieler, die ich sehr, sehr gerne weiter im Rasta-Trikot sehen möchte. Sie stehen für das, was wir in den letzen Jahren an Einsatz und Leidenschaft auf dem Parkett gesehen haben, sie lassen ihr Herz auf dem Feld.

Ziehen lassen mussten Sie hingegen Trainer Pedro Calles nach Hamburg. Wie sehr schmerzt sein Abgang?

NiemeyerAls wir im Oktober letzten Jahres vor dem Derby gegen die EWE Baskets Oldenburg die vorzeitige Vertragsverlängerung mit Pedro bekanntgegeben haben, hatten wir alle natürlich die Hoffnung, dass er eine ganz Ära bei Rasta würde prägen können. Uns war aber auch klar, dass Pedro, wenn er weiter so abliefern würde wie in der Saison 2018/19, schwierig zu halten sein würde. Das Interesse anderer Clubs war bereits im letzten Sommer groß und ist nach dieser erneut so erfolgreich gelaufenen Spielzeit nicht weniger geworden.

Also war sein Abschied keine Überraschung?

NiemeyerDass Pedro eines Tages sein weiteres Glück an einem anderen Standort suchen würde, war vorhersehbar. Nur habe ich mir natürlich gewünscht, dass dies nicht so schnell sein würde. Grundsätzlich sind wir bei Rasta personell und infrastrukturell aber so gut aufgestellt, dass uns der Abgang eines Trainers – egal wie erfolgreich oder auch beliebt er gewesen sein mag – nicht den Stecker zieht. Jetzt wird ein neuer Trainer Rasta mit weiteren Impulsen den nächsten Schub geben.

Gibt es denn schon einen Nachfolger – wäre Sebastian Machowski nicht ein Kandidat?

NiemeyerNein, einen Nachfolger gibt es noch nicht. Rasta hat sich den letzten Jahren so gut entwickelt, dass wir vielversprechende Bewerbungen für das Amt des Headcoaches bekommen haben und uns in Gesprächen befinden. Wie bereits gesagt, sind Infrastruktur und Personal für eine erfolgreiche Arbeit vorhanden. Auch hat ein Headcoach bei uns sehr viel Handlungsspielraum: Derjenige kann sich frei entfalten, Spieler entwickeln und eine Mannschaft wirklich formen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir aus den Kandidaten einen sehr, sehr guten auswählen werden und ich freue mich schon jetzt auf die Zusammenarbeit mit unserem nächsten Trainer.

Niklas Benter
Niklas Benter Sportredaktion