Im Doku-Film „Schwarze Adler“ sprechen deutsche Ex-Nationalspieler wie Erwin Kostedde (74) und Gerald Asamoah (42) über Rassismus im Fußball. Auch Addy-Waku Menga, der inzwischen beim Regionalligisten BSV Rehden spielt, hat in seiner Karriere Anfeindungen der übelsten Sorte erlebt – vor allem eine ging ihm nahe.

Der Werdegang

Addy-Waku Menga (37) kam als 16-Jähriger im Rahmen der Familienzusammenführung mit seiner Mutter und drei Geschwistern nach Deutschland. Sein Vater war da schon zehn Jahre hier gewesen. Ein weiterer Bruder wurde hier geboren.

Fußball hatte Menga schon im Kongo auf relativ hohem Niveau gegen Erwachsene gespielt. In Deutschland begann er beim TSV Venne und wurde vom VfL Osnabrück entdeckt. 2007 ging er zu Bundesligist Hansa Rostock. Nach den Stationen Werder Bremen II, Wehen Wiesbaden, Preußen Münster und VfB Oldenburg kehrte er 2014 nach Osnabrück zurück. Seit 2017 spielt er bei Regionalligist BSV Rehden.

Beruflich macht der Vater eines Sohnes eine Umschulung im Einzelhandel bei einem Berufsbekleidungsgeschäft in Ibbenbüren. Zudem hat er eine eigene Marke entworfen: „AWMXIII“ – gebildet aus seinen Initialen und seiner Rückennummer in römischer Zahlschrift.

Herr Menga, Sie kamen als 16-Jähriger aus dem zentralafrikanischen Kongo und haben in den zwei Jahrzehnten seitdem ganz Fußball-Deutschland gesehen. Wie oft haben Sie dabei Rassismus erlebt?

Addy-Waku Menga (37)Auf dem Platz zum Glück nur einmal. Ich kenne viele Vereine, viele Leute, viele Jungs. Für viele ist es selbstverständlich, dass Deutschland bunt ist, dass wir Vielfalt sind. Bei manchen Auswärtsfahrten gab es aber auch nicht so schöne Dinge.

Was meinen Sie?

MengaFrüher zum Beispiel in Chemnitz, Jena oder Dresden. Da hat man es mehr gespürt. Beim Warmmachen. Buhrufe. Affengeräusche. Das war Hass.

Sie haben für Hansa Rostock gespielt und speziell auch mit dem VfL Osnabrück Drittliga-Spiele im Osten bestritten. Gibt’s beim Thema Rassismus einen Ost-West-Unterschied?

MengaDie Fankultur ist anders, die Menschen ticken anders. In Rostock habe ich so etwas nie erlebt. Die Leute haben gesagt: Der Menga, der spielt bei uns. Auswärts war es manchmal aber beängstigend, was von den Tribünen kam.

Und auf dem Platz. Was für ein Erlebnis meinten Sie anfangs?

MengaDas war 2014 in Dresden. Da gab’s eine Rangelei auf dem Platz, und es kam zum Disput mit einem Dresdner Spieler. Was er da gesagt hat, ging unter die Haut. Sprüche wie „Sei froh, dass du noch hier leben darfst“ oder „Sei froh, dass du hier ein bisschen Geld verdienen darfst“ oder „Früher haben wir euch verbrannt“. Ich möchte ihm nicht unterstellen, dass er ein Nazi ist, aber er ist ein Typ, der auf dem Platz bewusst Grenzen überschreitet – körperlich wie verbal.

Erleben Sie im Alltag Rassismus? Sprechen Sie das an?

MengaEs gibt ab und zu Blicke oder Sprüche. Meistens von älteren Menschen. Da darf man aber nicht zu sensibel reagieren. Vielleicht meinen die das gar nicht böse. Schön ist das trotzdem nicht.

Macht es einen Unterschied, dass Sie ein bekannter Fußballspieler sind?

MengaIch bin in Osnabrück natürlich ein bisschen bekannt. Da respektieren mich die Leute eher. Ich bin froh, dass ich hier lebe und die Leute hier ein bisschen toleranter sind. Ich kann mich frei bewegen, meine Familie kann sich frei bewegen.

Sie haben 2010 ein Spiel für den Kongo gemacht. Dort gibt es zwischen einigen der 200 Ethnien Konflikte. Das Land zählt – speziell wegen Ausbeutung, Korruption und langen Kriegen – trotz Rohstoffreichtums zu den ärmsten der Welt.

MengaEs gibt immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen: zwischen Ethnien, um Macht, um Geld. Die Leute sterben. Mein Volk kapiert nicht, dass wir alle Kongolesen sind. Und die Politiker sehen nichts oder wollen nichts sehen. Jeder ist korrupt und versucht, seinen Vorteil herauszuschlagen. Das Volk leidet. Ich frage mich jeden Tag, warum es sich nicht ändern lässt.

In „Schwarze Adler“ äußert der 21-jährige Jean-Manuel Mbom von Werder Bremen, dass sich hier in Deutschland in Sachen Rassismus etwas zum Positiven gewandelt habe. Teilen Sie die Meinung?

MengaRassismus hat eine lange Geschichte und existiert leider immer noch. Menschen, die wie ich zum Beispiel aus Afrika nach Deutschland kommen, müssen sich aber auch integrieren – das gehört dazu. Ich wünsche mir, dass alle mit Respekt und Würde behandelt werden. Und es muss über das Thema gesprochen werden. Das fängt in den Familien an. Wenn Eltern ihren Kindern vernünftig erklären, dass es viele verschiedene Kulturen, Hautfarben, Religionen, Menschen gibt – dann kann sich nachhaltig was ändern.

Sie haben einen elfjährigen Sohn. Was wünschen Sie sich für ihn?

MengaIch möchte, dass mein Sohn in einer vernünftigen Welt aufwächst, die von Akzeptanz und Toleranz geprägt ist. Ich glaube: Wenn wir die Leute immer wieder damit konfrontieren, hört Rassismus vielleicht irgendwann auf.

Jan-Karsten zur Brügge
Jan-Karsten zur Brügge Sportredaktion