Jena/Frankfurt Am Main - Studierende lernen längst nicht mehr nur in Hörsälen und Bibliotheken. Vorlesungen gibt es als Videos, Zusammenhänge werden in Online-Tutorials erklärt, und auch virtuelle Experimente sind problemlos von zu Hause abrufbar.

Die Digitalisierung verändert auch die Lehre an den Hochschulen. Die Technische Universität München etwa bietet seit kurzem eine „Toolbox Lehrerbildung“ an. Lehramt-Studierende können darin beispielsweise ein Video schauen, wie sie Schülern am besten den Satz des Pythagoras erklären. Das Angebot gibt es momentan für die Fächer Mathematik und Informatik. Das Portal steht allen angehenden Lehrern, aber auch bereits unterrichtenden Lehrkräften kostenlos zur Verfügung.

An der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen ist es schon seit einigen Jahren üblich, dass Studierende sämtliche Experimente online einsehen können und dafür nicht mehr im Labor vor Ort sein müssen.

„Der digitale Wandel ist an den Hochschulen angekommen“, sagt Klaus Wannemacher vom Institut für Hochschulentwicklung. „Rund zwei Drittel der Hochschulen haben die Digitalisierung mittlerweile in ihrer Hochschulstrategie verankert.“

Doch was bringt die Technologie? „Studierende gewinnen an Mobilität, wenn die Technik flexible Lernorte ermöglicht und die Zeit minimiert, die man für organisatorische Fragen oder Präsenz an den Hochschulen benötigt“, sagt Marc Rittberger. Er ist Direktor der Abteilung Informationszentrum Bildung beim Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF).

Damit Studierende profitieren, muss der technische Fortschritt allerdings richtig umgesetzt werden. Und der Zielgruppe auch nahegebracht werden. Oder wie es Professor Jürgen Bolten von der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität sagt: „Grundsätzlich denke ich nicht, dass sich im Hochschul-Alltag so viel ändern wird.“ Für ihn ist die Hauptfrage, wie man Lehrende dazu motivieren kann, Zeit in E-Learning zu investieren. „Die meisten Lehrenden sehen nur die Mehrarbeit mit dieser Art der Digitalisierung.“

Prof. Bolten bietet seit Jahren das Konzept des Inverted Classrooms an, was sich etwa mit umgekehrtem Klassenzimmer übersetzen lässt. Das Konzept: Studierende folgen einer Vorlesung daheim und diskutieren im Anschluss in einem Forum. Anschließend treffen sie sich in der Uni, um offene Fragen oder Anwendungsaufgaben zu besprechen. Bolten hat dabei gute Erfahrungen gemacht. Das Lernen werde so effektiver.

Das MOOC-Modell ist vor allem in den USA weit verbreitet. Aber auch in Deutschland nimmt die Nutzerzahl immer mehr zu. Beispiele für deutschsprachige Plattformen sind Iversity oder auch das E-Learning-Angebot des Hasso-Plattner-Instituts.

Das digitale Lernen hat sich bereits an einigen Hochschulen in Deutschland etabliert, aber der komplette Durchbruch ist noch nicht gelungen. „Ich denke, auch in Zukunft werden Studierende ganz normal die Uni besuchen“, sagt Bolten. Lediglich die Reihenfolge werde sich vielleicht etwas ändern. Im digitalen Lernen sieht er viel Potenzial. „Vor allem in dessen Internationalität.“