Oldenburg - #allesdichtmachen: Knapp 50 satirische Videos spalten Deutschland. Schauspielerinnen und Schauspieler kritisieren die Corona-Maßnahmen auf ihre Art. Ist das noch Ironie oder schon Zynismus? Das Netz scheint gespalten. Wie sehen das zwei NWZ-Redakteure?
Pro: Guter Protest
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie erleben wir allerdings auch bei uns die Tendenz, dass Meinungen diffamiert werden. Wer die chaotische Corona-Politik der Bundesregierung kritisiert, wird schnell in die Querdenker-Schublade gesteckt. Dabei sollte es doch möglich sein, auf Missstände und Fehlentwicklungen bei der Pandemie-Bekämpfung hinzuweisen.
Gerade Schauspieler und Künstler, aber auch Gastronomen, Schausteller oder viele Einzelhändler leiden seit 14 Monaten. Perspektiven gibt es wenige bis keine. Hilfszahlungen kommen gar nicht oder unzureichend an. Da ist es doch völlig normal, sich zu Wort zu melden.
Ich finde die Aktion der Schauspieler originell und angemessen. Die kurzen Videos halten unserer Gesellschaft den Spiegel vor. Wir sollten uns alle freuen, dass man so kreativ Kritik bei uns äußern kann. Und mit maskenlosen Corona-Leugner hat das nun wirklich nichts zu tun.
Contra: Unerträglich
Angesichts von über 80.000 Toten in Deutschland (und die Zahl steigt weiter), gut 3 Millionen Infizierten, die zum Teil unter Langzeitfolgen leiden werden, und aktuell wieder am Rand der Erschöpfung arbeitenden Intensivmedizinern ist es einfach unanständig, die Maßnahmen derart überdreht darzustellen und dadurch ins Lächerliche zu ziehen.
Die Politik der Regierung(en) wird zurecht kritisiert, von allen Seiten. Übrigens auch von den Medien, Jan-Josef Liefers! Masken, Kontaktsperren, Homeschooling, Geschäftsschließungen – das nervt uns alle. Nicht nur die Macherinnen und Macher von #allesdichtmachen. Doch was, wenn wir all das nicht getan hätten? 100.000 Tote? 200.000? Welche Videos würden diese Leute drehen, wenn wir mit solchen Zahlen umgehen müssten?
Aber jetzt verbreite ich ja nur wieder Angst.