Hannover/Bremen - Verstoßen Niedersachsen und weitere Nordländer seit mehr als 20 Jahren gegen die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen? Das jedenfalls meint das Institut für Niederdeutsche Sprache (INS, Bremen), eine überregional wirkende wissenschaftliche Einrichtung zur Erhaltung und Förderung der niederdeutschen Sprache, Literatur und Kultur. In einer Resolution fordert die INS-Mitgliederversammlung acht Nordländer auf, darunter Niedersachsen, alle Online-Formulare der Behörden künftig auch in Plattdeutsch vorzuhalten.

Angebote wie die Sprachlern-App „PlattinO“ der Ostfriesischen Landschaft unterstützen beim Erlernen des Plattdeutschen. Doch um die Sprache zu erhalten, brauche es laut Experten noch weitere Angebote.

KOMMENTAR ZU PLATTDEUTSCHEN BEHÖRDENFORMULAREN Wir sollten alles für den Spracherhalt tun

Sabrina Wendt
Oldenburg

Die Charta der Regional- und Minderheitensprache wurde Anfang 1998 von Deutschland ratifiziert. Während Minderheitensprachen wie Friesisch, Sorbisch oder Dänisch auch als Behördensprache gepflegt würden, gelte dies nicht fürs Niederdeutsche, klagt INS-Präsident Heiko Block (Lilienthal). Seit Jahren kritisieren Plattdeutsch-Vertreter das. Dabei könnten Bürgernähe und das gezielte Eintreten für heimatliche Kultur so einfach sein. „Natürlich wünscht sich niemand eine Steuererklärung auf Plattdeutsch“, so Block. Aber im Internet-Zeitalter sollte es den Behörden möglich sein, notwendige Online-Formulare auch in Plattdeutsch vorzuhalten. Das INS biete Hilfe bei Übersetzungsfragen an.

Das zuständige Europaministerium in Hannover widerspricht: Niedersachsen setze durchaus verschiedene Maßnahmen der Charta um, etwa aus den Bereichen Bildung, Justiz, Medien und Kultur. Das Land habe sich jedoch nicht dazu verpflichtet, dass Behördenformulare auch auf Niederdeutsch gefasst sein müssen. „Insofern verstößt Niedersachsen nicht gegen die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen“, so Ministeriumssprecher Klaus Wieschemeyer. Es habe dazu auch keine Hinweise durch den Europarat gegeben. Das INS kämpft derweil weiter für Plattdeutsch in Formularen. Es hat die Forderung jetzt in einer Online-Petition publik gemacht.

Stefan Idel
Stefan Idel Landespolitischer Korrespondent