Brinkum - Tausende Menschen hat Jonas Buja als Kapitän auf einem Seenotrettungsschiff in Sicherheit gebracht. Jetzt möchte der Ostfriese aus Brinkum langfristig für Mitmenschen da sein und zwar als Gemeindepastor.
„Das fing schon in der Konfirmandenzeit an. Ich war einer der komischen Typen, die öfter in den Gottesdienst gegangen sind als sie mussten“, erzählt der 30-Jährige. Als Jugendlicher begann er, Orgel zu spielen und dachte sich angesichts der Katastrophen in der Welt: „Es wäre schön zu helfen“. Verfolgte das damals aber nicht weiter. Mit gerade 20 Jahren wurde er in den Kirchenvorstand seiner Heimatgemeinde Holtland gewählt.
Vielleicht hätte Jonas Buja direkt nach dem Abitur Theologie studiert, wären da nicht einige Bootsurlaube mit Eltern und Großeltern sowie mehrere Segelfreizeiten gewesen. „Dabei habe ich meine Liebe zur Seefahrt entdeckt – und kochen gelernt. Ich habe mir viel bei meiner Mutter abgeguckt und den Rest habe ich auf dem Schiff gelernt. Auch dass es mal ein Löffel Pfeffer statt einer Prise sein darf.“ Klar, wenn man für 30 Leute kocht. Aber wie ist das, wenn er für weniger kocht? Zu viel Pfeffer? „Meine Freundin meint: ja, ich finde nicht“, sagt Jonas Buja lachend.
Extremer Pioniergeist
Infotage an der Seefahrtsschule Leer brachten die Entscheidung fürs Nautikstudium. Nachdem er dieses abgeschlossen hatte, kam die Zeit zu helfen. Denn Jonas Buja hatte drei Monate Zeit bevor seine erste Fahrt als Offizier bei der Reederei Hartmann starten sollte. „Ich meldete mich bei Sea-Watch und konnte bei der vierten Mission mitfahren. Leider hatten wir einen Getriebeschaden und mussten in den Hafen bevor wir jemand gerettet hatten.“
Kaum wieder zu Hause, ging es plötzlich doch ganz schnell beruflich aufs Schiff. Ab August 2015 fuhr er als Offizier Gastanker über die Weltmeere. Meist ist er drei Monate auf See und hat dann drei Monate Urlaub, den er zum Teil mit der Rettung von Flüchtlingen verbringt.
„Ich hatte nach der ersten Sea-Watch-Mission wohl nicht doll genug gesagt, dass ich wieder mitfahren will. Auf jeden Fall waren alle Posten schon besetzt, als ich wieder anfragte. Aber sie sagten mir, dass „Jugend rettet“ noch Leute sucht. Also habe ich mich da gemeldet und war auf der ersten Fahrt der „Iuventa“ dabei. Es war ein unglaublicher Pioniergeist, weil keiner auf diesem Schiff ein alter Hase war und die anderen die Doofen. An dem Schiff war noch einiges in Ordnung zu bringen und wir haben zusammen mit anderen Schiffen weit mehr als tausend Menschen gerettet“, sagt Buja, der noch öfter auf der „Iuventa“ mitfuhr.
Schnell Probleme lösen
Da das Schiff nur 33 Meter lang ist, versuchten die Seeleute, die Flüchtlinge möglichst schnell an andere Schiffe weiterzuvermitteln: „Einmal waren 450 Menschen an Deck. Das war schon sehr kuschelig.“ Immer wenn das Schiff wieder leer und aufgeräumt ist, hofft Buja „dass der nächste Wahnsinn lang auf sich warten lässt.“ Denn „es ist gut, Menschen zu retten, aber es ist besser, wenn niemand gerettet werden muss.“
Mit den Jahren nehmen die Schikanen zu, schließlich wird die „Iuventa“ im August 2017 beschlagnahmt. Jonas Buja war damals mit einem Gastanker in Japan unterwegs: „Das war schwierig für mich, auch weil ich keinen Kontakt zu den Leuten hatte.“
In dieser Zeit kommt er ins Grübeln. Der „sehr technische Umgang mit menschlichem Leid“ auf den Rettungsschiffen fühlte sich nicht mehr ausreichend an. „Auf den Schiffen geht es darum, schnell Probleme zu lösen“, für die persönlichen Schicksale ist keine Zeit – es sind zu viele, als dass ein Helfer sie aushalten kann.
Auf Segelschiffen mit Jugendgruppen erlebt Jonas Buja noch mal ein ganz anderes Miteinander und beschließt, Pastor zu werden. An der Kirchlichen Hochschule Wuppertal können Quereinsteiger Theologie studieren. Jonas Buja bewarb sich 2020. Jetzt steht er kurz vor der Masterarbeit und freut sich schon auf die Arbeit als Seelsorger: Weg von der reinen Akutproblembehandlung, hin zu einer längeren Begleitung von Menschen.