Herr Herrmann, was macht ein Weltumsegler wie Sie, wenn er an Land ist?

Boris HerrmannWegen der Pandemie bin ich meistens zu Hause. Da arbeite ich am Schreibtisch und am Telefon. Ich lebe mit meiner Frau und unserer kleinen Tochter in Hamburg und kümmere mich viele Stunden am Tag um meine neuen Projekte.

Was verbirgt sich genau dahinter?

HerrmannMein Team und ich planen den Bau eines neuen Schiffes. Dafür sind sehr viele Dinge mit unseren Partnern abzustimmen. Ich hoffe, dass wir im Mai bekanntgeben können, wie es ganz konkret weitergeht.

Das heißt, Sie wissen derzeit auch noch nicht, wann Sie wieder an einer Regatta teilnehmen?

HerrmannGenau, das steht noch nicht fest. Erst einmal brauche ich ja ein Boot, um an Regatten teilnehmen zu können.

Denken Sie bei der Planung eines neuen Bootes auch schon ein eine erneute Teilnahme an der Vendée Globe im Winter 2024/25?

Boot wechselt nach Regatta den Besitzer

Boris Herrmann (39) stammt aus Oldenburg und lebt seit Jahren in Hamburg. Von November 2020 bis Januar 2021 nahm er als erster Deutscher an der Nonstop-Weltumseglungsregatta Vendée Globe teil und belegte den fünften Platz. Die Regatta bewältigte er auf der 60 Fuß (18,3 Meter) langen „Seaexplorer“ (Bild). Das Boot gehörte allerdings nicht ihm, sondern dem Stuttgarter Immobilien-Unternehmer Gerhard Senft. Dieser hatte es Herrmann – auch schon für Regatten vor der Vendée Globe – zur Verfügung gestellt. Bereits während der Weltumseglung war im Winter bekannt geworden, dass das Boot nach dem Rennen von Senft verkauft werden soll – das ist in der Branche durchaus üblich. Der Verkauf ist laut Herrmann noch nicht vollzogen, stehe aber „kurz bevor“.

Um bei der Vendée Globe um den Sieg mitsegeln zu können, ist Schätzungen zufolge ein Etat mindestens im hohen einstelligen Millionenbereich nötig.

HerrmannVorher würde ich an anderen Regatten teilnehmen. Aber ja, dieses Rennen spielt dabei auch eine Rolle.

Ihre Teilnahme im Winter 2020/21 hat Sie bundesweit bekannt gemacht. Was hat sich für Sie verändert?

HerrmannZum einen werde ich öfter mal angesprochen, dass Leute ein Selfie von sich und mir machen wollen. Das ist meist schwierig, weil ja der nötige Abstand einzuhalten ist (lacht). Zum anderen ist es für mich einfacher geworden, Dinge anzuschieben und Partner für unsere Projekte zu finden. Die Vendée-Globe-Teilnahme hat dem Ganzen deutlich mehr Schwung gegeben. Ich möchte nicht nur bei Regatten schnell unterwegs sein. Ich möchte auf das Problem des Klimawandels aufmerksam machen. Und da merke ich, dass viele Partner oder Firmen bereit sind, mit mir und meinem Team zusammen zu arbeiten. Die Bekanntheit, die die Vendée-Globe-Teilnahme gebracht hat, hilft mir dabei. In meinem Alltag, in meinem direkten Umfeld, hat sich allerdings nichts verändert. Wie gesagt, wir drei wohnen in Hamburg, ich arbeite viel von zu Hause aus und wegen der Pandemie gehen wir nur ab und zu raus.

Sie waren 80 Tage auf See, dies war mit vielen Entbehrungen und Einschränkungen verbunden. Vermissen Sie die Zeit dennoch?

HerrmannDie Zeit an Land gehört einfach dazu. Eine Regatta findet nicht nur auf dem Wasser statt. Die Planung, die Vorbereitung, die Finanzierung sind untrennbar damit verbunden. Das muss man sich klarmachen. Aber natürlich vermisse ich es auch, auf dem Boot zu sein. Ich würde jetzt gern wieder segeln. Aber das geht eben nicht permanent.

Und über welche Dinge freuen Sie sich jetzt, mehr als zwei Monate nach Ende der Regatta, noch an Land?

HerrmannDass ich nachts schlafen kann, ohne mich regelmäßig um das Boot kümmern zu müssen. An Bord konnte ich ja nie länger als eine Stunde schlafen, dann musste ich alle möglichen Dinge überprüfen. Das ist zuhause sehr viel angenehmer. Und ich genieße es noch immer, einfach zur Kaffeemaschine zu gehen und mir einen frischen Kaffee zu holen. Denn an Bord hatte ich nur Instantkaffee, der schmeckt schon anders. Außerdem musste ich an Bord die Ruhephasen, die sich ergaben, zum Schlafen nutzen. Und da war es schlecht, direkt vorher einen Kaffee getrunken zu haben.

Hauke Richters
Hauke Richters Sportredaktion (Leitung)