Hagen - Die 37 Jahre alte Mutter hatte am Lenkrad ihres Autos keine Möglichkeit, dem Zusammenprall auszuweichen. Gemeinsam mit ihrer elfjährigen Tochter und ihrem sechs Jahre alten Sohn war sie an diesem Abend in der Nähe der Hagener Fernuniversität unterwegs, als plötzlich gleich zwei Autos auf sie zurasten. Es gab einen lauten Knall, Blech wurde zusammengequetscht, Scheiben splitterten. Alle drei Familienmitglieder wurden in dem Wagen schwer verletzt. Am schlimmsten erwischte es den Jungen, der mit lebensgefährlichen Verletzungen per Rettungshubschrauber in die Klinik gebracht wurde.

Gut ein Jahr später wird der Verkehrsunfall vom 19. Mai 2016 am Landgericht Hagen aufgerollt. Für den am Montag (29. Mai, 9.00 Uhr) beginnenden Prozess sind fünf Verhandlungstage bis zum 3. Juli angesetzt. Angeklagt sind ein 47 und ein 34 Jahre alter Autofahrer - unter anderem wegen fahrlässiger Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass die beiden Beschuldigten damals ohne Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer ein illegales Autorennen gefahren sind. Augenzeugen gaben an, dass die beiden Fahrzeuge mit etwa Tempo 100 über die Innenstadt-Straße rasten.

In den Gegenverkehr gerieten die beiden mutmaßlichen Raser offenbar deshalb, weil ein am Straßenrand geparkter Kleinwagen plötzlich losfuhr und auf die rechte der beiden Spur einscherte. Bei dem Zusammenprall wurde noch ein weiteres Auto stark beschädigt. Auch dessen Fahrer und der Ältere der Angeklagten erlitten Verletzungen. Der 34-Jährige soll Fahrerflucht begangen haben. Er stellte sich später mit einem Anwalt der Polizei. Ihm wird deshalb neben vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung auch unerlaubtes Entfernen vom Unfallort vorgeworfen.

Die Diskussion über den Umgang der Justiz mit illegalen Autorennen hatte Ende Februar zusätzlichen Schub erhalten, als das Landgericht Berlin erstmals zwei Raser wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilte. Die beiden 25 und 28 Jahre alten Männer hatten sich nach Ansicht des Gerichts ein Autorennen geliefert, bei dem sie rote Ampeln überfuhren. Schließlich kollidierte einer der Wagen mit dem Auto eines Rentners, der bei Grün in eine Kreuzung eingefahren war. Der Mann starb. Nach Ansicht der Berliner Richter hatten die Angeklagten dies auch für möglich gehalten und in Kauf genommen.