Wilhelmshaven - Ein Abend im November: Der Saal des Kreuzelwerks ist brechend voll. Die Bürgerinitiative (BI) „Kampf gegen zu hohe Energiepreise“ hat zur öffentlichen Sprechstunde eingeladen und rund 200 Menschen sind gekommen – wütend und verärgert über steigende Energiekosten. Am Ende werden sich viele dazu entscheiden, Widerspruch einzulegen, die Preiserhöhungen nicht zu zahlen – und eine Klage zu riskieren.
BI fordert Offenlegungder Preiskalkulation
Das war im Jahr 2007. Und wenn es nach Frank Uwe Walpurgis (60) und Horst Walzner (78) geht, müsste der Preisprotest von einst gerade jetzt neuen Aufwind bekommen. Beide saßen damals im Saal und sind neben Hartmut Bornhöft (74) Sprecher der Bürgerinitiative, die sich 2005 gründete. Ein Jahr zuvor hatte sich bundesweit Protest gegen steigende Energiepreise formiert.
Heute würden die Preise explodieren und die Situation für Verbraucher sei unübersichtlicher als je zuvor, betonen die Sprecher und gehen mit Aussagen des Vereins Bund der Energieverbraucher“ konform, dem sich die BI angeschlossen hat: eine Preiserhöhung folge der nächsten, Grundversorger würden neue Kunden oftmals ablehnen oder in teurere Tarife eingruppieren, sagen sie. Und dann sei da noch die Politik mit neuen Umlagen, Steuersenkungen und Preisbremse.
„Um so wichtiger ist Transparenz, die wir auch bei der GEW nach wie vor einfordern“, sagt Walpurgis. Bis heute lege der örtliche Grundversorger die Karten nicht auf den Tisch, etwa über die Preiskalkulation für die Erdgasbeschaffung. Stutzig werde Walpurgis etwa mit Blick auf die die Entwicklung des Gaspreises auf dem Weltmarkt. Zum Jahresbeginn sei der europäische Gaspreis auf das Niveau vor Ausbruch des Ukraine-Krieges gesunken, doch die Kunden würden davon nicht profitieren.
Es sei somit gutes Recht der Verbraucher, Preissteigerungen zu hinterfragen – wenn es sein muss, auch über den Rechtsweg, sagen Walzner und Walpurgis. Die Preisprotestler berufen sich dabei auf den Paragrafen 315 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), der in der Grundversorgung gilt. Demnach können Verbraucher den Nachweis darüber einfordern, ob die Preiserhöhungen angemessen sind und eine Unbilligkeit ausgeschlossen ist.
„Gaspreis-Rebellen“ 2008 vor Gericht
In Sachen Klageweg haben Walpurgis und Walzner Erfahrung: Als „Gaspreis-Rebellen“ machten sie neben sechs weitere Mitgliedern der BI Schlagzeilen, als das Landgericht 2009 und das Oberlandesgericht 2010 die damalige Klage der GEW gegen sie in weiten Teilen ablehnte. Die Mitglieder hatten Widerspruch gegen die aus ihrer Sicht unberechtigte Gaspreiserhöhung eingelegt und den Rechnungsbetrag gekürzt. Es ging um Geldbeträge zwischen 100 und 600 Euro. Wegen ihrer unterschiedlichen Verbräuche waren die Betroffenen über die Sonderpreisregelung abgerechnet worden – und nach Auffassung des Gerichts als Sonderkunden zu behandeln, für die es keine Klausel über Preisanpassungen in den Verträgen gab.
Die Bürgerinitiative bleibt ihrer Linie weiter treu: Ohne Offenlegung der Preiskalkulation werde Widerspruch eingelegt. „Der einfache Kunde blickt einfach nicht durch“, sagt Walzner. Das bemerke er auch bei den monatlichen Treffen der BI.
BI trifft sich jeden erstenDienstag eines Monats
Zwischen 30 und 50 Teilnehmende kommen weiterhin zu den monatlichen Versammlungen der Bürgerinitiative in der Ruscherei in Altengroden an der Ubbostraße. Die finden in der Regel jeden ersten Dienstag eines Monats um 20 Uhr statt.