Stuhr/Oldenburg - Bilder von engen Käfigen und Qualzucht kommen einem unweigerlich in den Sinn, wenn von Pelzbekleidung die Rede ist. Dass es auch anders geht, zeigt Kürschnerin Martina Hollmann Greggers in ihrer eigenen Werkstatt in Stuhr. Die Varrelerin verwandelt Omas alte Pelze vom Dachboden in moderne, tragbare Kleidungsstücke.
Keine Qual
Seit 2006 arbeitet Martina Hollmann Greggers mittlerweile schon als Kürschnerin. Dass Tierschützer das Tragen von Pelzen scharf kritisieren, ficht die 60-Jährige nicht an. Sie nutzt überwiegend recyceltes oder von deutschen Jägern stammendes Ausgangsmaterial für ihre Mode. „Für keines meiner Werke wurde der Tod eines Tieres veranlasst“, sagt sie. Unter qualvollen Bedingungen gewonnene Billigfelle würde Martina Hollmann Greggers niemals annehmen. „Ich liebe Tiere und möchte nicht, dass sie gequält werden“, sagt sie.
Ob Echtpelz oder Kunstfell nachhaltiger ist, darüber lässt sich streiten. Zwar müssen für Kunstfell keine Tiere leiden, durch das natürliche Material ist Echtpelz aber langlebiger und zu 100 Prozent abbaubar. Kunstpelz besteht in der Regel aus Baumwolle und Polyester.
Sicher ist jedenfalls, dass sich jeder darüber bewusst sein sollte, was er trägt. Wenn ein Textilerzeugnis echten Pelz enthält, muss dies deshalb mit dem Hinweis „Enthält nicht textile Teile tierischen Ursprungs“ gekennzeichnet sein. Tierschutzverbände äußern aber immer wieder den Verdacht, dass diese Regelung umgangen wird und echtes Fell als Kunstpelz verkauft wird.
Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit führt deshalb nicht nur regelmäßige Kontrollen durch, sondern hat auch Tipps, wie Verbraucher echten Pelz von Kunstpelz unterscheiden können.
Kommt beim Auseinanderziehen der Haare am Ansatz die Tierhaut zum Vorschein, handelt es sich um echtes Fell oder echten Pelz. Bei Kunstpelz ist dagegen eine gewebte Textilschicht zu sehen. Haare von echtem Pelz sind zudem sehr leicht beweglich. Wird leicht über den Pelz gepustet, legt sich das dicke Deckhaar bei echtem Fell zur Seite. Kunsthaar hingegen ist stabiler und unbeweglicher, oft gleich lang geschnitten und durch statische Aufladung etwas klebrig im Griff.
Ein Problem im Pelzhandel sei der Billigmarkt in China. Kürzlich habe sie spaßeshalber auf der Einzelhandelsplattform Aliexpress geschaut: „Dort kriegt man Pelzmäntel für 285 Euro. Das wären bei mir nicht mal meine Arbeitsstunden.“ Wenn man nachhaltig sein wolle, dann gehe das gar nicht, sagt sie. 11 000 Euro kostet der teuerste Pelzmantel, der zurzeit in der Kürschner-Werkstatt hängt. Bis zu 40 Stunden Arbeitszeit steckt in den Mänteln. „Pelz an sich ist ein unglaublich langlebiges Material“, erzählt Martina Greggers. Gerade schneidert sie in ihrer Werkstatt an einem Mantel, der schon 17 Jahre alt ist: „Der schaut immer noch aus wie neu, das ist Nachhaltigkeit.“
Lange Lebensdauer
Zwar unterscheiden sich die Pelze in ihrer Lebensdauer, die meisten haben aber ein Verfallsdatum von 100 Jahren, dann erst werden sie porös und beginnen zu reißen. Viele der Kunden und Kundinnen, die Martina Hollmann Greggers in ihrer Werkstatt begrüßt, bringen alte Erbstücke von bereits verstorbenen Familienmitgliedern mit. Von Fuchs über Nerz bis hin zu Bisam hat sie schon alles verwerten können. Die Pelze liegen oftmals jahrelang in alten Kleiderschränken oder auf Dachböden herum. Ist der Pelz noch zu gebrauchen, verhilft die Kürschnerin den Angehörigen oftmals zu einem einzigartigen Andenken. Gerade erst war eine Kundin zu Besuch, die sich über ihre neue Kurzjacke mit Pelzeinsatz und Kapuze freute: „So halte ich meine Schwiegermutter doch toll in Ehren“, sagte sie.