Lemwerder - Seit 2011 liegt das Flugfeld in der Gemeinde Lemwerder brach: Hase und Igel sagen sich dort auf 126 Hektar Fläche ungestört gute Nacht. Das soll sich zeitnah ändern.
Die Schiffs- und Yachtwerft Abeking und Rasmussen (A&R) als Miteigentümer der Fläche stellte nun ihre Pläne der Politik und Presse vor.
Die Idee: der Bau von Lagerhallen und Bürogebäuden, um den Industrie-, Gewerbe- und Logistikstandort Lemwerder zu stärken. Im besten Fall sollen 2000 Arbeitsplätze entstehen. „Es gibt noch viele offene Fragen, die wir im frühzeitigen Dialog mit der Gemeinde klären wollen, um Gerüchten und Diskussionen entgegenzutreten“, kündigte Matthias Hellmann als Geschäftsführer der Werft gleich zu Beginn an.
Wie sieht die Umsetzung aus ?
Das Gelände entlang der Weser soll in vier Bauabschnitten bebaut werden. Die Rede ist von bis zu 14 Gebäuden. Baubeginn des ersten Abschnitts könnte 2023 sein.
Ggeplant sind zunächst vier Gebäude mit 105 000 Quadratmetern Lagerfläche, 3500 Quadratmetern Bürofläche und bis zu 520 Arbeitsplätzen.
„Je nach Bedarf und Auslastung können wir das Gebiet bis 2027 in drei weiteren Bauabschnitten erweitern“, führte Dr. Christian Peters von A&R aus, der sich in den vergangenen Monaten intensiv mit der Fläche auseinandergesetzt hat.
Wie steht es um Nachhaltigkeit ?
„Unsere Werft ist ein stromintensives Unternehmen. Wir benötigen – mit Blick auf die aktuelle Situation – mehr denn je eine nachhaltige und unabhängige Energiesicherheit“, so Peters. Deshalb wurde ein Energiekonzept entwickelt, das nicht nur nachhaltiges Gebäudedesign beinhaltet.
Die künftigen Hallen sollen mit Photovoltaikanlagen bestückt werden, so dass das Gesamtgebiet mit grüner Energie versorgt werden könnte. Um den Strom zu speichern, ist Wasserstoff angedacht.
25 Prozent der Gesamtfläche bleiben unbebaut, um im Süden des Flugfeldes in Höhe Altenesch eine ökologische Ausgleichsfläche zu schaffen.
Wer bezahlt die Weiterentwicklung des Areals ?
Aktuell gehört die Fläche A&R und der SGL Technologies in Meitingen – letztere will sich laut Peters aus strategischen Gründen von dem Investment trennen. „Es gibt einen neuen Investor, der namentlich in der Öffentlichkeit nicht auftreten möchte, solange nicht geklärt ist, ob die Gemeinde prinzipiell Interesse zeigt“, erklärt Peters. Den Ratsmitgliedern ist der Name aber bekannt.
Laut A&R bekundet der Investor Interesse aufgrund Größe und Beschaffenheit des Geländes und wegen der Nähe zu den Seehäfen und der späteren Autobahn-Anbindung. Auch die Nutzung des Ochtum-Hafens für eine wasserseitige Anbindung und damit einhergehende Straßenentlastung sei denkbar.
Was fehlt ?
„Was fehlt, ist ein Verkehrsgutachten, das auf Basis dieses Konzeptes entsteht“, sagt Peters. Das Gutachten, das möglichst im Herbst erstellt werden soll, soll für alle Seiten transparent und nachvollziehbar sein und die Grenzen des Möglichen aufzeigen. Die Kosten fürs Gutachten will der Investor übernehmen.
Was sagt die Politik ?
Es gibt noch viel Diskussionsbedarf: Das aktuelle Konzept stieß zumindest in den Fraktionen mehrheitlich auf Widerstand. Die parteilose Bürgermeisterin Christina Winkelmann sieht für Lemwerder große Chancen. Die 51-Jährige, die von 1993 bis 2001 bei A&R als Assistentin der Geschäftsführung gearbeitet hat, versteht sich als Bindeglied zwischen Werft und der Politik: „Das Verkehrskonzept ist wichtig, um herauszufinden, ob und wie unsere Infrastruktur das erhöhte Verkehrsaufkommen verkraftet.“
Die CDU sieht zunächst mehr Chancen als Risiken, die SPD lehnt die geplante Weiterentwicklung nicht grundsätzlich ab, äußert aber mit Blick auf das Verkehrsaufkommen Bedenken.Die FDP, Grünen und UWL hingegen würden das Projekt in der aktuellen Fassung lieber heute als morgen stoppen: zu groß, zu viel Verkehr, zu unflexibel in der Ausgestaltung. „Der Knackpunkt ist, dass der Investor seinen Schwerpunkt auf Logistik legt und es offensichtlich keine Alternativen für ihn gibt “, erklärt Sven Schröder (UWL). Das von A&R vorgestellte Konzept halte er für „weichgespült“.
Wie geht es weiter ?
„Wir haben kein Interesse daran, ein Chaos anzurichten“, resümiert Hellmann. Sorgen vor „Wildwuchs“ müsse niemand haben, da es einen Flächennutzungsplan gibt. Vor diesem Hintergrund soll es nun Gespräche zwischen dem Investor und Beteiligten aus dem Landkreis und der Gemeinde geben. Auch eine Bürgerbeteiligung sei nicht ausgeschlossen. Fest steht indes: Es gibt viel Klärungsbedarf.