Zagreb - Nach dem abgewiesenen Protest gegen die Wertung des 25:25-Unentschiedens gegen die deutschen Handballer erwägt Slowenien den Ausstieg aus der EM in Kroatien. „Was hier passiert ist, sprengt alle Grenzen“, sagte der Sekretär des slowenischen Handballverbandes, Goran Cvijic, am Dienstag in Zagreb: „Der Verband denkt ernsthaft darüber nach, die EM zu verlassen. Auf der anderen Seite sind wir uns über die ganzen negativen Folgen auch für die kommende Generation bewusst.“

Zuvor berichtete die slowenische Nachrichtenagentur „STA“, der Verband habe eine formale Beschwerde gegen die Schiedsrichter eingereicht, von denen sich die Slowenen zum wiederholten Male ungerecht behandelt fühlen. Schon nach dem ersten Gruppenspiel gegen Mazedonien (24:25) sei eine Beschwerde eingereicht worden.

Der Protest gegen die Wertung des Deutschland-Spiels war am Dienstag vom europäischen Verband EHF abgewiesen worden. Die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) hatte am Montagabend beim Remis gegen den WM-Dritten nach dem Einsatz des Videobeweises wegen einer Regelwidrigkeit der Slowenen in letzter Sekunde einen Siebenmeter zugesprochen bekommen, den Tobias Reichmann zum Ausgleich verwandelte. Slowenische Spieler hatten zuvor regelwidrig den Anwurf des deutschen Teams verhindert. Sloweniens Trainer Veselin Vujovic bezeichnete die Entscheidung der litauischen Schiedsrichter im Anschluss als „Zirkus“.

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Zwar gibt es den Videobeweis im Bereich des Weltverbandes IHF schon seit der WM 2015 in Katar, die europäische Dachorganisation führte ihn aber erst 2016 ein. Die EHF nennt das System Instant Replay (sofortige Wiederholung/Zeitlupe). Genutzt wird es aber selten.

Ihre Premiere erlebte die Technik auf EHF-Ebene beim Final Four der Champions League 2016 in Köln, als das deutsche Schiedsrichtergespann Lars Geipel/Marcus Helbig dem für Paris Saint-Germain spielenden Kroaten Igor Vori nach Studium der Videoaufzeichnung die Rote Karte wegen eines Ellenbogenstoßes zeigte.

In der Bundesliga gibt es den Videobeweis wegen der hohen Kosten noch nicht. „Wir brauchen in jeder Halle mehrere Kameras, die die Szenen aus allen Perspektiven zeigen“, erläutert Wolfgang Jamelle, Schiedsrichterwart des DHB. Bei der diesjährigen Endrunde um den DHB-Pokal der Männer in Hamburg soll der Videobeweis erstmals in einem deutschen Wettbewerb zum Einsatz kommen. Da alle Spiele im Fernsehen übertragen werden, können die Verantwortlichen die Bilder von sechs TV-Kameras nutzen.