Hannover - Die Leibniz-Universität Hannover prüft die Promotion des umstrittenen Psychologen und Sexualwissenschaftlers Helmut Kentler. Der 2008 gestorbene Wissenschaftler hatte in den 1970er Jahren in Berlin mit Duldung des West-Berliner Jugendamts obdachlose Jugendliche bei pädophilen Männern untergebracht, die wegen sexuellen Missbrauchs vorbestraft waren. 2015 wurde dieser Fall neu aufgegriffen und als Skandal angesehen.

Laut Universität gehe aus seit Ende 2016 vorliegenden Dokumenten zudem hervor, dass Kentler „sich in der damaligen Zeit in einer aus heutiger Sicht inakzeptablen Weise wissenschaftlich geäußert beziehungsweise Forschung betrieben hat“, teilte die Hochschule mit. Universität und Philosophische Fakultät distanzierten sich von den Forschungspraktiken und dem Wissenschaftler Helmut Kentler, der 1996 emeritiert wurde.

Inzwischen liege die Promotions- und Personalakte Kentlers vor; die Promotion werde intern gesichtet. In die Personalakte habe die Göttinger Wissenschaftlerin Teresa Nentwig Einblick genommen. Nentwig solle im April ihre Ergebnisse vorstellen. Darüber hinaus habe die Universität Recherchen aufgenommen, welche noch lebenden Personen an der Uni Auskunft zu Kentler und seiner Arbeit geben können.

Kürzlich hatten zwei Männer, die als Jungen von Kentler zu einem pädophilen Pflegevater vermittelt wurde, ihre Geschichte dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ (Dezember) erzählt.