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Edewechterin Gründet Firma In München Nachhaltigkeit ist voll in Mode

Imke Harms

Friedrichsfehn/München - Umweltverschmutzung, Mikroplastik, gesundheitsgefährdende Chemikalien und vergiftetes Wasser. Das Thema Nachhaltigkeit macht auch vor der Modebranche nicht Halt. „Gut so“, finden Catja Günther, Sophia Wittrock und Alina Friedrichs. Die drei jungen Frauen haben jetzt eine Webseite online gestaltet, die faire und nachhaltig produzierte Mode in den Mittelpunkt stellt.

Was bedeutet denn in diesem Zusammenhang fair? Sophia Wittrock zählt die Bedingungen auf: „Alle Labels müssen jeden Schritt der Wertschöpfungskette darlegen. Zudem müssen sie eine ressourcenschonende und umweltfreundliche Produktion gewährleisten und existenzsichernde, geschlechtsunabhängige und nicht gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen garantieren. Kinderarbeit ist selbstverständlich ausgeschlossen.“

„Ja zu Veränderung“

Die 28-Jährige kommt ursprünglich aus Friedrichsfehn, in München startet sie gerade mit den beiden Mitgründerinnen in die Selbstständigkeit. Was bedeutet der Name der Münchener Shopping-Community? „Jesango kommt aus der Sprache Esperanto und bedeutet wörtlich übersetzt ,Ja zu Veränderung’. Und genau das wollen wir erreichen – eine Veränderung. Der Zugang zu nachhaltig hergestellter Kleidung muss einfacher und massentauglicher werden“, findet Wittrock.

Besonders gefördert werden sollen kleine aufstrebende Marken, die bisher noch kaum Präsenz haben. Denn was viele nicht wissen: „Es gibt schon einige Labels, die tolle Projekte in den Herstellungsländern anstoßen, nach fairen Bedingungen produzieren und wirklich stylische Klamotten herstellen.“ Das sei nicht nur unter dem modischen Aspekt ein Gewinn.

Textilindustrie großer Umweltverschmutzer

„Denn die Textilindustrie ist nach der Ölindustrie der größte Umweltverschmutzer weltweit“, macht Wittrock klar. Die Friedrichsfehnerin sagt: „Die Arbeitsbedingungen in der Branche zu verbessern, das ist unsere größte Motivation.“ Ihr Ziel können die drei Frauen klar formulieren: Irgendwann soll es vollkommen normal sein, faire Kleidung zu kaufen.

„Nachhaltig hergestellte Mode sieht schon lange nicht mehr ,öko’ und altbacken aus“, hebt Sophia Wittrock einen weiteren Pluspunkt hervor. Ihr sei es ein Anliegen, nachhaltige Labels aus der „uncoolen Ecke“ herauszuholen.

So viel Müll macht die Textilindustrie

Die Ölindustrie sorgt weltweit für die größten Umweltbelastungen. Doch schon gleich danach platziert sich die Textilindustrie.

Mehr als 90 Prozent unserer Kleidung stammen laut der Umweltorganisation Greenpeace aus Asien und verursachen dort gewaltige Umweltschäden. Giftstoffe aus den Fabriken werden oft ungeklärt abgeleitet und tauchen später im Trinkwasser und Essen auf.

Mikroplastik, speziell aus Fleecepullis und anderen Kunstfasern, wird bei jeder Wäsche ausgewaschen.

Verpackungsmüll fällt außerdem in rauen Mengen an – jedes Hemd, jedes Shirt und jede Socke wird verpackt geliefert. Bei geschätzt mehr als 100 Milliarden Kleidungsstücken, die jährlich weltweit produziert werden, kommt da ein regelrechter Berg zusammen. Pro Kopf gerechnet ergibt das 60 Kleidungsstücke.

Recycling ist in der Textilbranche ein weiteres Problem. Vor allem die Trennung von gemischten Fasern – natürlichen und künstlichen – ist technisch nur mit hohem Aufwand umzusetzen. Was nicht recycelt werden kann, landet im Müll. Der wiederum muss verbrannt werden.

Auch die Ressourcen, die für die Produktion eingesetzt werden, sind enorm. Nach Angaben von Greenpeace verbraucht beispielsweise die Herstellung eines einzigen T-Shirts 2700 Liter Wasser.

Kennengelernt haben sich die Gründerinnen zu Jahresbeginn auf einer Online-Plattform. „Wir haben uns einige Male getroffen und dann ziemlich schnell festgestellt, dass wir alle für das Thema brennen und dieselbe Vision haben“, erzählt Sophia Wittrock, wenn sie zurück denkt. „Mutig“ hätten ihre Eltern es genannt, den festen Job in einem Fachverlag für Werbeflächen-Vertrieb zu kündigen und sich nun in Vollzeit dem eigenen Unternehmen zu widmen. „Sie haben schon ein paar Bedenken. Aber sie unterstützen mich auch und finden die Idee gut“, erzählt die 28-Jährige. Bevor der Shop online ging, haben die drei Frauen viel Vorarbeit geleistet. Gründer-Coaching, Business-Plan schreiben, Zielgruppen-Analyse, Alleinstellungsmerkmale herausarbeiten: all das mussten Catja, Sophia und Alina genau durchdenken.

Plastikfreie Verpackung

Damit nicht nur die Mode nachhaltig produziert wird, legen die drei Gründerinnen Wert auf plastikfreie Verpackung. „Wir bekommen Unterstützung von Geschäftsleuten hier vor Ort in München, die uns gebrauchte Pappkartons zum Verschicken zur Verfügung stellen“, sagt Wittrock und fügt hinzu: „Wir wollten bewusst nicht, dass die Firmen die Ware selbst verschicken. Wir bündeln Bestellungen und schicken sie gesammelt raus.“ Und zwar über den Dienstleiter DHL Go Green, der klimafreundlichen Transport verspricht.

Wie passen Nachhaltigkeit und Konsum überhaupt zusammen? „Wer Lust hat, sich mit fairer Mode zu beschäftigen, der sollte jetzt nicht plötzlich seinen ganzen Kleiderschrank austauschen. Das nachhaltigste ist es, das aufzutragen, was man schon besitzt und sich dann bei Neuanschaffungen Gedanken zu machen.“ Die drei Frauen sind auch Fans von Kleidertauschpartys, Flohmarktanschaffungen und Second-Hand-Läden.

Einfach zu erreichendes Angebot

„Es geht uns nicht darum, Leute zu verführen, immer mehr und mehr zu kaufen“, stellt Sophia Wittrock klar, „dennoch braucht es ein einfach zu erreichendes Angebot. Die Schwelle muss niedriger werden.“ Ein Kritikpunkt an fairer Mode sei nach ihren Erfahrungen häufig das Argument: zu teuer. „Natürlich kosten gute Produktionsbedingungen mehr Geld, aber so ein gewaltiger Unterschied ist das im Endpreis gar nicht.“

Das Konzept der Webseite ist schnell erklärt: „Es gibt einen offenen Shop und zusätzlich immer wieder Kampagnen, die dann eine Zeit lang rabattiert angeboten werden, um neugierig zu machen“, berichtet Wittrock.

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