Berlin - Capuccino oder schwarzer Kaffee? Kantine oder Restaurant? Manche Entscheidungen gehen uns ganz leicht von der Hand, viele treffen wir sogar unbewusst. Andere stellen uns dagegen vor große Herausforderungen. Soll ich dem Chef die Kündigung in die Hand drücken? Das Jobangebot annehmen? Elternzeit verlängern?

Gerade im Berufskontext erscheinen uns Beschlüsse immer wieder so zukunftsträchtig, dass wir tagelang Gedanken dazu wälzen und uns im endlosen Abwägen verlieren. Was dagegen hilft?

Philip Meissner leitet den Lehrstuhl für Strategisches Management und Entscheidungsfindung an der ESCP Europe Berlin und hat ein Buch zum Thema geschrieben. „Entscheidungen werden da besonders wichtig, wo sie die Zukunft beeinflussen“, sagt er. In seinem Buch hat er drei große Bereiche ausgemacht, die helfen, Entscheidungen zu vereinfachen.

Über die richtige Frage nachdenken: Zunächst muss man sich damit auseinandersetzen, ob man denn über die richtige Entscheidung nachdenkt. „Wenn jemand zum Beispiel überlegt zu kündigen, weil er oder sie in dem Job unzufrieden ist, könnte das erste offensichtliche Symptom der Unzufriedenheit die Firma selbst sein“, sagt Meissner. „Tatsächlich ist die Ursache aber vielleicht der Chef, mit dem man nicht klarkommt.“ Deshalb müsse man der Ursache des Problems auf den Grund gehen. Bringt ein Jobwechsel wirklich die erhoffte Veränderung? „Ansonsten triff man oft eine Entscheidung, die das Problem nicht löst“, sagt Meissner.

Unterschiedliche Sichtweisen integrieren: Wer eine strategisch kluge Entscheidung treffen will, sollte sich nicht nur auf sich selbst verlassen. „Ich höre mir am besten unterschiedliche Sichtweisen an, auch die von Kritikern“, sagt Meissner. Denn oft habe man von sich und seinen Einschätzungen ein allzu positives Bild. Meissner rät, zum Beispiel Freunde darum zu bitten, eine andere Perspektive einzunehmen, sich alle erdenklichen Gegenargumente für eine Entscheidung zu überlegen und diese vorzubringen. „Idealerweise sucht man sich Ratgeber, die auf eine ähnliche, eigene Erfahrung zurückgreifen können und das Problem, vor dem man steht, bereits gelöst haben“, empfiehlt Meissner.

Die Angst vor der Entscheidung überwinden: Am Ende hilft alles nichts, wenn man nicht auch tatsächlich eine Entscheidung trifft. „Davor haben viele Angst“, sagt der Strategie-Professor. Er empfiehlt eine einfache Denkübung, um das zu überwinden: „Man sollte über die Folgen seiner Entscheidung in fünf Jahren nachdenken.“ Viele hätten bei einem Jobwechsel erstmal das Worst-Case-Szenario im Kopf. Etwa: Wenn ich jetzt den Job wechsle, werde ich in der neuen Stadt bestimmt keine neuen Freunde finden, beruflich den Anschluss verpassen und todunglücklich sein.

„Das sollte man realistischer angehen“, sagt Meissner. Und zwar mit der Überlegung: Wie viel Relevanz hat eine Entscheidung in fünf Jahren noch? Wie fühle ich mich 10 Minuten, 10 Tage oder 10 Monate nach einem Beschluss? „Kurz nach der Entscheidung fühlt man sich relativ gut, nach 10 Tagen hat man vielleicht sogar schon vergessen, dass man die Entscheidung überhaupt getroffen hat, und 10 Monate später ist es überhaupt kein Thema mehr“, erklärt Meissner. Diese Gedanken relativieren die Bedeutung, die wir einer Entscheidung zuschreiben.

Man solle auch immer bedenken, dass sich Entscheidungen in der Regel noch beeinflussen lassen und nicht für immer beschlossen sind. Sich das bewusst zu machen, nehme oft schon eine große Last von den Schultern der Entscheider.