London - Prinz Andrew kann den Skandal um seine Beziehung zum amerikanischen Pädophilen Jeffrey Epstein nicht abschütteln. „Andrews neue TV-Erniedrigung“, schrieb am Dienstagmorgen die Titelseite der „Daily Mail“. „Royal Schocker“ legte das Massenblatt „Sun“ nach.

Anlass für die erneute Aufregung um die Nummer Acht der britischen Thronfolge war das Fernsehinterview eines Opfers von Jeffrey Epstein am Vorabend in der BBC. Darin beschuldigte Virginia Roberts den Prinzen des sexuellen Missbrauchs: Drei Mal sei sie als 17-Jährige von Epstein gezwungen worden, Sex mit Andrew gehabt zu haben.

Das „Panorama“-Programm der BBC deckt die schäbigen Machenschaften des US-Bankiers Jeffrey Ep­stein auf, der reihenweise minderjährige Mädchen als Masseusen rekrutierte, sexuell missbrauchte und dann an seine Freunde und Bekannten vermittelte. So sei ihr das auch passiert, sagt Roberts, sie sei „wie eine Obstschale herumgereicht worden“.

Zwischen 2001 und 2002 habe sie drei Mal Prinz Andrew getroffen und mit ihm schlafen müssen. Der zweitälteste Sohn der Queen hat das immer bestritten. „Ich kann absolut kategorisch sagen: Das ist niemals passiert“, hatte der Prinz in einem anderen Fernsehinterview Mitte November erklärt. „Ich habe keine Erinnerung, jemals diese Dame getroffen zu haben.“

Wer hat recht? „Ich bitte die Bürger des Vereinigten Königreichs, auf meiner Seite zu stehen“, wendete sich Roberts direkt an die Briten. „Das ist nicht irgendeine schäbige Sex-Geschichte. Das ist eine Geschichte über Menschenhandel, eine Geschichte über Missbrauch. Und es ist eine Geschichte über einen eurer Royals.“ Was am späten Montagabend über die britischen Fernsehschirme flimmerte, war ein Kampf um die Glaubwürdigkeit. Und Virginia Roberts machte da einen viel stärkeren Eindruck als vor zwei Wochen Andrew.

Der hatte fadenscheinige Gründe angeführt, warum nicht wahr sein könne, dass er mit Virginia Roberts in den Nachtclub Tramp gegangen sei und dort getanzt habe. Zum Beispiel, dass er an dem besagten Abend eine Pizza-Party für seine Tochter Be­atrice ausgerichtet hätte. Wenig glaubwürdig waren auch seine Ausführungen, als er auf ein Foto angesprochen wurde, das Andrew zusammen mit Virginia Roberts in einer Londoner Stadtvilla zeigt.

Da liegt sein linker Arm auf der Hüfte von Roberts, die Andrew ebenfalls um die Taille fasst. Der Prinz will das wegerklären, indem er nahelegt, dass es sich bei der Aufnahme um eine Fälschung handelt. Doch das FBI, das die Vorwürfe gegen Epstein untersucht und das von Roberts besagte Foto erhalten hatte, geht von dessen Authentizität aus.

Die Royal-Expertin Penny Junor sieht die Reputation des Prinzen weiter beschädigt, weil Virginia Roberts „sehr plausibel klingt, während Andrews Entschuldigungen in seinem Interview lächerlich waren. Sie wirkt auch viel sympathischer.“ Viele Briten sehen das ähnlich.

Zwar drohen dem Prinzen in Großbritannien keine strafrechtlichen Konsequenzen, würde sich herausstellen, dass er tatsächlich mit Roberts geschlafen hat, denn im Königreich liegt das Mündigkeitsalter bei 16 Jahren. In Florida allerdings nicht, was den Royal von künftigen USA-Besuchen Abstand nehmen lassen dürfte.