Oldenburg - Es gibt nicht wenige, die den Versuch der EU, dem Internet-User die volle Kontrolle über seine Daten zurückzugeben, für romantisch halten. Denn tatsächlich gehört das Aufspüren der Wege, die wir durch das Netz nehmen, zum Geschäftsmodell von Konzernen wie Google, Amazon oder Facebook. Zielgruppen-orientierte Werbung ist längst Alltag. Die EU wollte nach der Datenschutz-Grundverordnung und nach dem digitalen Urheberrecht nun den dritten Schritt tun, um die Privatsphäre der Bürger zu sichern. Doch die Mitgliedstaaten spielen nicht mit.

Sie stehen unter dem Druck vieler Unternehmen, für die passgenaue Werbung existenziell ist. Zumal die strikten Vorschriften der geplanten Verordnung wieder einmal nicht nur die großen Internet-Riesen getroffen hätte, sondern auch kleine Betriebe. Und außerdem wollten die Sicherheitsbehörden verhindern, dass sie auch künftig keinen Zugriff auf die Online-Kommunikation haben, die für die Vorbereitung von Straftaten genutzt wird, da sie praktisch keine Überwachung unterliegt. All das ist schwer zu vereinbaren. Doch was nun geschieht, kann auch nicht die Lösung sein. Letztlich bleibt der Markt sich selbst überlassen, für den Datenschutz ist das ein Rückschlag.

In Brüssel wird stets betont, dass die Vorstöße nicht dazu da seien, der Internet-Wirtschaft regelrecht den Hahn abzudrehen. Stattdessen wolle man lediglich klare Regeln, mit denen die Konzerne ihre bisherigen Geschäftsmodelle fortführen könnten. Die Betroffenen aber ahnen, wie tief die neuen Vorschriften in ihre derzeitige Tätigkeit eingreifen.

Sie übersehen allerdings, dass eine wachsende Zahl von Bürgern ihr Online-Verhalten zu ändern beginnt, weil sie Alexa für eine Spionin im Auftrag von Amazon und Siri für einen Ableger des amerikanischen Geheimdienstes halten. Mit anderen Worten: Auch die Unternehmen selbst müssen daran interessiert sein, dass Vertrauen die Basis aller Geschäfte im Internet bleibt – oder wieder wird. Die Entmündigung der User ist kein Kapital, auf dem man eine lukrative Zukunft aufbauen kann.

Die EU hat sich, auch wenn es anders wirkt, eine neue Chance gegeben, die e-privacy-Regeln noch einmal zu überarbeiten. Denn diese müssen am Ende beiden dienen: dem Verbraucher, der sich und seine Daten schützen will, und den Unternehmen, die mit persönlichen Informationen arbeiten wollen. Das ist – bei aller Kritik – nämlich nicht illegal und auch nicht unanständig. So lange es Spielregeln gibt, an die sich alle halten.