Oldenburg/Berlin - Viele Handwerksbetriebe sind auf Monate ausgebucht und suchen verzweifelt Fachkräfte. „Derzeit sind die Auftragsbücher unserer Betriebe teils so sehr gefüllt, dass sie schon Aufträge ablehnen müssen, weil sie schlicht nicht genügend Fachkräfte haben, um alles abzuarbeiten“, berichtet der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Fast die Hälfte der Firmen habe Schwierigkeiten, ausreichend Personal zu finden. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen bezifferte der Verband auf rund 150 000 – vermutlich liege sie aber noch höher.

Die Gründe für diese Entwicklung liegen laut ZDH in sinkenden Schulabgängerzahlen und einer erhöhten Neigung zu studieren. „Damit ging die Entwertung der dualen Ausbildung einher“, bemängelt der Verband. „Über viele Jahre haben sich zu wenig Jugendliche für eine Lehre im Handwerk entschieden.“ Notwendig sei ein Bewusstseinswandel: „Einer beruflichen Ausbildung muss wieder die Wertschätzung unserer Gesellschaft entgegengebracht werden, die ihr gebührt.“

Auch im Oldenburger Land spürt man den Fachkräftemangel. Der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Oldenburg, Heiko Henke, sagte gegenüber der NWZ: „Wir hören von nahezu allen Betrieben, dass die Auftragsreichweiten sehr gut sind. Die Spitzengewerke in der Region sind diesbezüglich bei den Feinwerkmechanikern, Maurern, Straßenbauern, Elektrotechnikern sowie bei den Malern und Lackierern zu finden. Hier kann es zu Wartezeiten von 15 Wochen kommen. Zurzeit wäre mehr Personal ein Segen, um die Aufträge abzuarbeiten.“

Ins Handwerk kämen die Fachkräfte in der Regel über die duale Ausbildung. Henke: „Hier ist von politischer Seite die akademische Ausbildung überproportional gefördert und gepriesen worden. Das war kontraproduktiv für die berufliche Bildung und sollte unbedingt geändert werden. Wir setzen uns dafür ein, dass die berufliche Ausbildung gleichwertig behandelt wird. Die niedersächsische Meisterprämie ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ein weiterer, sehr wichtiger Aspekt wird die Berufsorientierung an Gymnasien werden.“

Unterdessen sind die meisten Handwerksbetriebe in Niedersachsen einer Umfrage zufolge mit ihren Auszubildenden zufrieden. 21 Prozent der befragten Betriebe äußerten sich „sehr zufrieden“, 65 Prozent waren „zufrieden“ und nur 14 Prozent „nicht zufrieden“.

Rüdiger zu Klampen
Rüdiger zu Klampen Wirtschaftsredaktion (Ltg.)