Castanet-Tolosan - Mikroplastik kann in der Atmosphäre zu weit entfernten Regionen transportiert werden. Das haben Forscher mit Analysen in den französischen Pyrenäen nachgewiesen. Im Schnitt hätten sich dort 365 Mikropartikel pro Quadratmeter täglich abgelagert, berichten sie im Fachmagazin „Nature Geoscience“. Bisher sei angenommen worden, dass Mikroplastik weit entfernte Regionen vor allem über Flüsse erreicht, die die Partikel ins Meer tragen. Ihre Analyse zeige nun, dass auch die Atmosphäre ein wichtiger Weg beim Transport in abgelegene Regionen sein könnte, schreiben die Forscher.

Expertenschätzungen zufolge wurden allein im Jahr 2016 weltweit etwa 335 Millionen Tonnen Plastik produziert, 60 Millionen Tonnen davon in Europa großteils für Verpackungen, wie es in der Studie heißt. Hochrechnungen nach lande jährlich etwa ein Zehntel des hergestellten Plastiks in den Meeren – auf welchen Wegen, sei noch nicht im Detail geklärt. Analysen in Megastädten wie Paris und Dongguan im chinesischen Perlflussdelta hätten gezeigt, dass Mikroplastik – etwa der Reifenabrieb von Autos – über die Atmosphäre transportiert und in der Region abgelagert wird. Die vorliegende Analyse belege nun, dass die Partikel auch in weit entfernte Regionen getragen werden.

Die Forscher um Steve und Deonie Allen vom Forschungsinstitut Ecolab in Castanet-Tolosan hatten 2017/18 über fünf Wintermonate hinweg ein spärlich besiedeltes Gebiet in den Pyrenäen untersucht. Die Gegend liegt weit entfernt von Großstädten, Industriezentren und großen Landwirtschaftsflächen. Wie viel Mikroplastik abgelagert wird, hängt demnach nicht zuletzt von Wetterphänomenen wie Regen, Schnee und starkem Wind ab.

Aus Modellrechnungen schlossen die Forscher, dass die Partikel von bis zu 95 Kilometer entfernten Quellen stammten. In diesem Bereich lägen kleinere Städte mit weniger als 25 000 Einwohnern, aber keine Großstädte wie Toulouse oder Saragossa. Mit den verwendeten Rechenmodellen lasse sich nur sehr eingeschränkt auf die Herkunft von Luftmassen schließen, gerade in dem vorliegenden, komplexen Terrain, gibt Volker Matthias vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht – Zentrum für Material und Küstenforschung (HZG) dazu zu bedenken. Die Aussagekraft halte er daher für sehr begrenzt.

Zu beachten sei zudem, dass es in wärmeren Jahreszeiten einen stärkeren Vertikaltransport in der Atmosphäre gebe. „Höher gelegene und wenig besiedelte Regionen sollten noch stärker durch die Deposition von Stoffen, die in größerer Entfernung in die Atmosphäre gelangt sind, betroffen sein“, erklärte Matthias, der selbst nicht an der Studie beteiligt war. „Insofern wäre bei künftigen Studien eine längere Beobachtungsdauer wünschenswert.“

Der HZG-Forscher sieht Parallelen zum Transport von Sahara- und Vulkanstaub in der Atmosphäre. Wenn die Partikel durch Luftbewegungen einmal in größere Höhen gebracht wurden, könnten sie auch über größere Entfernungen transportiert werden.