Oldenburg/Vechta - „Als kleiner Junge bin ich elf Kilometer mit dem Rad zur Arbeit gefahren – auch im Winter. Da war ich 15 Jahre alt.“ Karl-Otto Schöne sitzt in einem dunkelbraunen Ledersessel in seinem Arbeitszimmer der Fachlehranstalt für Friseure und Kosmetiker in Oldenburg. Seit 1991 ist er der Schulleiter der bundesweit bekannten Friseurmeisterschule. Ende des Jahres gibt er dieses Amt weiter – und blickt zurück.
„Am 1. April 1954 habe ich meine Ausbildung begonnen“, sagt der heute 79-Jährige, der aus Arkeburg in der Gemeinde Goldenstedt bei Vechta stammt. Danach bin ich nach Bremen gegangen, um dort meine Volontärzeit zu absolvieren. „Damals haben wir 40 Mark pro Woche bekommen“, sagt Schöne. Er mietete sich ein Zimmer. „Dort gab es keine Heizung, sondern nur eine Heizsonde“, erzählt er. „Meine Mutter hat mir immer für zwei Tage Kartoffelsalat mitgegeben. Wir hatten wenig – aber wir waren glücklich.“ Die Meisterprüfung, die damals noch 2100 DM kostete, habe er trotzdem selbst bezahlt.
Breite Grundausbildung
„In Bremen habe ich in einem Damensalon gearbeitet und in einer Perückenfabrikation die Herstellung und den Umgang mit Perücken und auch Toupets gelernt.“ Nach seiner breit angelegten Grundausbildung übernahm Schöne im Jahr 1962 den Salon seines Lehrmeisters, der bereits seit 1904 existierte. „Gemeinsam mit meiner Frau Gertrud habe ich den Salon über die Jahre ausgebaut und erweitert“, sagt der Vechtaer. „Es ging immer nach vorne.“
Nebenbei engagiert sich der Friseur seit 1966 ehrenamtlich. „Es fing an mit dem Gesellenprüfungsausschuss.“ Danach folgte eine Zeit als Fachbereichsleiter der Friseurinnung Vechta, bevor Schöne 1975 das Amt des Obermeisters der Friseurinnung Vechta übernahm. „Das war ich 25 Jahre lang.“ Im Mai 1990 wurde er dann zum Landesinnungsmeister des niedersächsischen Friseurhandwerks gewählt. „Damals hatten wir 3500 Mitglieder.“ Seit 1979 war der Friseurmeister zudem im Vorstand der Fachlehranstalt und wurde schließlich zum Schulleiter ernannt. „Ich war und bin immer gut vernetzt“, sagt Schöne bescheiden. So habe er unter anderem daran mitgewirkt, dass die Meisterbriefe in Frankreich und Deutschland gegenseitig anerkannt werden. Er habe damals einen Austausch mit der Oldenburger Partnerkammer in La Rochelle angeregt und die Meisterprüfungen gegenübergestellt, erzählt Schöne.
Die Akademie kann getrost als sein Lebenswerk angesehen werden. Als Schulleiter setzte sich der Vechtaer für die Erweiterung der Fachlehranstalt ein: Die Friseur-Akademie hat er von Beginn an begleitet. „Die Akademie ist für uns heute sehr wichtig – so haben wir Wohnen und Lernen an einem Ort.“ Auch mit den Nachbarn habe er immer wieder persönlich gesprochen und ein gutes Verhältnis.
Karl-Otto Schönes Augen glänzen. „Wir planen gerade die nächste Maßnahme.“ Die Fachlehranstalt habe an der Willersstraße ein Grundstück gekauft und plane in einem Erweiterungsbau den Ausbau der Abteilungen Ganzheitskosmetik und Wellness.
Bleibt Schöne der Schule also doch erhalten? „Ich habe immer gesagt, dass ich hier keine 80 werden möchte – mit dem Schulbetrieb habe ich ab Januar nichts mehr zu tun“, sagt er lachend. Trotzdem wolle er den Bau auch in der Zukunft als Mitgestalter betreuen und unterstützend vor Ort sein. „Ich habe da sehr viel Herzblut reingesteckt.“
Stetige Entwicklung
Viel Engagement zeigte er auch bei der Weiterentwicklung der Schule. Was hat sich dort und im Beruf der Friseure in den vergangenen fast 28 Jahren getan? „Der Friseurmarkt hat sich verändert“, sagt Schöne. Doch das sei selbstverständlich, da sich die modische Entwicklung stetig ändere und den jeweiligen Zeitgeist abbilde. „Auch Bildungseinrichtungen müssen sich bemühen, marktgerechte und zielorientierte Angebote anzubieten“, sagt er. „Wir sehen uns als Bildungseinrichtung, die Augen und Ohren an der modischen Entwicklung haben muss – wir müssen voll dabei sein.“
In der Praxis hätten sich vor allem die Techniken sehr stark verändert. „Diese Weiterentwicklung hängt stark mit der modischen Entwicklung zusammen“, meint Schöne. „Die Frisuren sind verbraucherfreundlicher geworden.“ Die meisten Frauen würden nicht mehr wie früher öfter pro Woche zum Friseur gehen, um sich die Haare beispielsweise föhnen zu lassen. Ob kurze, lange, lockige oder glatte Haare: „Die Mode ist heute sehr vielfältig.“ Der Friseur müsse in der Lage sein, die Wünsche seiner Kunden zu erkennen und zu interpretieren – und er müsse handwerklich in der Lage sein, diese umzusetzen. „Der Friseur der Zukunft braucht eine gute Ausbildung und eine stetige Fortbildung – für sich selbst und seine Mitarbeiter.“ Die Friseure müssten technischen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen sein und mehrere Dienstleistungen aus einer Hand anbieten.
Doch wie kam er zu seinem Handwerk? „Ich bin auf einem kleinen Hof mit einer großen Familie aufgewachsen“, erinnert sich Karl-Otto Schöne. Damals habe es keine Lehrplätze und eine hohe Arbeitslosigkeit gegeben. Nach dem Motto „Haare wachsen immer“ habe er angefangen. „Meine Mutter hat immer gesagt: ,Wenn du Friseur wirst, musst du auch Damenfriseur werden‘“, erzählt Schöne – das habe er dann auch getan, sagt er nüchtern. „Ich wurde somit sehr vielseitig ausgebildet – und das habe ich mein Leben lang vertreten.“ Denn: „Man hat mehr Spaß in seinem Beruf, wenn man ihn auch beherrscht.“
Viele Stammkunden
Steht der Friseurmeister denn heute noch mit Schere und Kamm in seinem Geschäft? „Wir haben den Salon in Vechta vor 20 Jahren abgegeben“, sagt der Vater von zwei Kindern. „Er existiert auch heute noch – und ich helfe immer noch mit.“ Freitags und Samstag würden seine Frau Gertrud und er ihre Stammkunden bedienen. Die treuesten unter ihnen kommen seit rund 50 Jahren zu Karl-Otto Schöne. Und: „Eine Kundin kommt immer von Oldenburg extra nach Vechta“, sagt der 79-Jährige, der noch lange nicht ans Aufhören denkt. „Der Kontakt zu den Kunden und die Unterhaltungen haben mich immer wieder beflügelt, weiterzumachen.“
Am Freitag wurde nun die Friseur-Akademie an der Donnerschweer Straße nach ihm benannt in „Karl-Otto-Schöne-Haus“. „Das übertrifft alle meine Erwartungen“, sagt Schöne bescheiden, während er in Erinnerungen an seine Kindheit schwelgt. „Ich hätte niemals davon geträumt, dass so etwas passiert und war sehr überrascht.“