Wiesbaden - „Respektrente“ ist zum Wort des Jahres 2019 gekürt worden. Der Begriff bezeichnet die Einführung einer Grundrente für Personen, die 35 Jahre erwerbstätig waren und dennoch eine Rente unterhalb des Existenzminimums beziehen, wie die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) am Freitag in Wiesbaden mitteilte. Sie verwies auf eine Äußerung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), wonach es bei dem Projekt nicht nur um die Bekämpfung von Altersarmut, sondern auch um die „Anerkennung der Lebensleistung“ gehe.

Der Ausdruck „Respektrente“ führe zudem die besondere Fähigkeit der deutschen Sprache vor Augen, durch Zusammensetzung von Wörtern „nahezu unbegrenzt neue Wörter zu bilden“, so der Germanist und stellvertretende GfdS-Vorsitzende Jochen A. Bär. Auf den zweiten Platz wählte die Jury die Formulierung „Rollerchaos“ in Anspielung auf die „oft verkehrswidrige“ Nutzung von mietbaren E-Rollern. Auf Platz drei landete die Wendung „Fridays for Future“, die die vielerorts freitags zur Schulzeit stattfindenden Klimaschutz-Demonstrationen bezeichnet. Der Anglizismus stehe wie kein anderer Ausdruck für eine junge Generation, die bereit sei, für ihre Zukunft auf die Straße zu gehen.

Auf die Plätze vier bis zehn wurden folgende Formulierungen gewählt: „Schaulästige“, „Donut-Effekt“, „brexitmüde“, „gegengoogeln“, „Bienensterben“, „Oligarchennichte“ und „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“.

Mit der Neubildung „Schaulästige“ – einer Zusammenziehung aus schaulustig und lästig – habe eine SWR-3-Rundfunkmoderatorin Gaffer an einer Unfallstelle bezeichnet. Der „Donut-Effekt“ bezeichne die Tatsache, dass zwar immer mehr Wohnraum entstehe, aber zu viel davon an den Stadträndern und zu wenig in den Innenstädten, was zu deren Verödung führen könne. „Wie bei einem Donut-Gebäck ist in der Mitte ein Loch“, so die Sprachjury.

Das einzige Adjektiv der 2019er Liste – „brexitmüde“ – thematisiere die Einstellung vieler Menschen zu den „kein Ende nehmenden“ Debatten um einen Austritt Großbritanniens aus der EU. Die Bereitschaft, nicht alles ungeprüft hinzunehmen, bringe das Verb „gegengoogeln“ zum Ausdruck. Es erschien der Jury bedeutsam für ein Jahr, in dem der Kampf gegen „Fake News“ immer wichtiger geworden sei.

Der Begriff „Bienensterben“ weise darauf hin, dass durch Monokulturen und den Einsatz von Pestiziden immer mehr Insektenarten vom Aussterben bedroht seien. Eine „Oligarchennichte“ kam in der Ibiza-Affäre vor, die im Mai 2019 zum Rücktritt des österreichischen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache führte. Der Ausdruck „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ schließlich stehe für eine „neuere Wortbildungsmode in der Politik“. Damit werde versucht, den nur wenig „sperrigeren“ Titel „Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ populärer zu machen.

Gekürt werden Ausdrücke, die nach Einschätzung der Jury die Diskussionen des Jahres bestimmt haben, für wichtige Themen stehen oder sonst charakteristisch erscheinen.

Die Worte des Jahres: 2019: Respektrente; 2018: Heißzeit; 2017: Jamaika-Aus; 2016: Postfaktisch; 2015: Flüchtlinge; 2014: Lichtgrenze; 2013: GroKo; 2012: Rettungsroutine; 2011: Stresstest; 2010: Wutbürger; 2009: Abwrackprämie; 2008: Finanzkrise; 2007: Klimakatastrophe; 2006: Fanmeile; 2005: Bundeskanzlerin; 2004: Hartz IV; 2003: Das alte Europa; 2002: Teuro; 2001: Der 11. September