San Francisco - Das Auditorium der Brooks Hall in der Innenstadt von San Francisco ist schon seit 1993 geschlossen. Nichts erinnert daran, dass hier vor 50 Jahren ein Meilenstein in der Computer-Geschichte gesetzt wurde. Lange bevor der erste Personal Computer auf den Markt kam, demonstrierte am 9. Dezember 1968 der Tüftler Douglas C. Engelbart erstmals eine Computermaus. Es gingen dann aber noch über zehn Jahre ins Land, bevor die Maus mit dem Apple Macintosh für ein Massenpublikum verfügbar wurde.

Engelbart hatte sich vor der großen Präsentation vor über 1000 Computerexperten in San Francisco jahrelang mit dem Entwurf eines Gerätes beschäftigt, das die Interaktion zwischen einem Menschen und einem Röhrenbildschirm erlaubt. Computer waren damals so teuer, dass nur Universitäten, große Unternehmen und das Militär sich die großen Rechenschränke leisten konnten. Und sie waren unglaublich kompliziert zu bedienen: Um mit der Maschine kommunizieren zu können, musste man lange Befehlsfolgen eintippen oder vorab in Lochstreifen gestanzte Befehle einlesen.

In der Vision von Engelbart sollten Symbole auf dem Bildschirm erscheinen, die man mit einem Zeiger ansteuern und aktivieren kann. 1962 veröffentlichte der ehemalige Navy-Radartechniker am Stanford Research Institute (SRI) in Menlo Park ein wissenschaftliches Papier unter dem Titel „Augmenting the Human Intellect: A conceptual framework“ (Erweiterung des menschlichen Intellekts: Ein Grundkonzept).

Zwei Jahre später baute Engelbart zusammen mit seinem Chefingenieur Bill English den ersten Maus-Prototypen. Diese Originalmaus, die in einem Holzgehäuse untergebracht war, enthielt ein Rad, das die Bewegung des Gerätes in Cursorbewegungen auf dem Bildschirm umsetzte. Ein Mitarbeiter Engelbarts meinte, das Holzkästchen sehe mit der roten Taste oben und dem Kabel hinten wie eine Maus aus. Der Name blieb hängen.

Es dauerte dann bis zum 9. Dezember 1968, bis Engelbart das Konzept der Öffentlichkeit vorstellte. Die 90-minütige Live-Präsentation auf der „Fall Joint Conference“, die in einem Video für die Nachwelt erhalten geblieben ist, ging als „Mutter aller Demos“ in die Geschichte ein.


Fast in Vergessenheit geraten ist, dass in dieser Zeit auch in Deutschland an dem Konzept einer Computermaus gearbeitet wurde. Für die Bundesanstalt für Flugsicherung entwickelte eine Abteilung des Elektro-Pioniers Telefunken in Konstanz ein System, in dem ein Zeiger benötigt wurde. Eine „Rollkugelsteuerung“ sollte den Fluglotsen ermöglichen, auf einem großen Radar-Bildschirm Darstellungen von Flugzeugpositionen zu markieren. Einige Wochen vor der Demo in San Francisco stellte Telefunken sein Konzept vor.

Engelbart hatte die Idee also nicht allein. Doch im Gegensatz zu den Deutschen ließ sich sein Arbeitgeber SRI die Erfindung 1970 als Patent eintragen.

Einen Erfolg im Massenmarkt konnten damals aber weder Telefunken noch das US-Team feiern. Das Konzept der Computermaus verschwand für einige Jahre wieder in der Versenkung, wurde dann vom legendären kalifornischen Forschungszentrum Xerox Parc aufgegriffen, wo auch eine grafische Benutzungsoberfläche für den Computer Xerox Alto entwickelt wurde. Aber auch dieser Rechner war für ein Massenpublikum viel zu teuer.

Apple-Mitgründer Steve Jobs sah den Alto 1979 und übernahm das Konzept der grafischen Bedienoberfläche. Apples „Lisa“ war der erste Computer, der für die Maus ausgelegt war. Mit dem Macintosh erreichte die Maus 1984 dann den Durchbruch.

Die von Engelbart entwickelte Computermaus hat mit den heutigen Mäusen nur wenig gemeinsam. Der erste Maus-Prototyp besaß anstelle einer Kugel ein Rad für die Cursorbewegungen. In den siebziger Jahren passte der Schweizer Jean-Daniel Nicoud das Konzept an, indem er die Regelwiderstände in Engelbarts Maus durch optische Messgeber ersetzte. Heutige Mäuse funktionieren zumeist mit Laserdioden, die auf Infrarot-Technik basieren.

Als Eingabeinstrument wird die Maus aber inzwischen vom Finger überholt. Auf Milliarden von Smartphones und Tabletcomputern wird ohne Maus gewischt und getippt. Und in Zukunft könnte die menschliche Sprache zur populärsten Dialogmethode zwischen Mensch und Maschine werden.