Steinkimmen/Delmenhorst - Eigentlich sollte der Jugendhof Steinkimmen an diesem Donnerstag unter den Hammer kommen. Die Zwangsversteigerung beim Amtsgericht Delmenhorst wurde aber kurzfristig abgesetzt. Denn die mitten im Wald gelegene und seit eineinhalb Jahren verwaiste Immobilie an der westlichsten Gemeindegrenze hat kurz vor Ultimo doch noch einen neuen Eigentümer gefunden: Die Nawo GmbH in Gründung teilte am Dienstag mit, dass sie sich mit der Eigentümerin, der Viasol gGmbH, über den Kauf geeinigt habe.
1941 begann die Geschichte des Geländes mitten im Wald, auf dem heute der Jugendhof steht: Das abgelegene Areal in der Kimmer Heide war 1941 von der Reichskanzlei erworben und dem Ingenieur Rudolf Engelmann für „kriegswichtige Entwicklungen“ überlassen worden. Auch geheime Raketenforschung soll dort betrieben worden sein.
1952 kaufte der Landesfürsorgeverband Oldenburg die 5,5 Hektar große Anlage und baute die Freizeit- und Bildungsstätte auf, die ab 1957 vom Verein „Jugendhof Steinkimmen“ getragen wurde.
2005 meldete der Verein Insolvenz an. Anfang 2007 übernahm die Viasol gGmbH (Vereinigte Integrations- und Arbeitssysteme Oldenburg-Land) den Jugendhof. Sie begann mit der Sanierung der Wohngebäude – auch mit Hilfe der jungen Menschen, die dort betreut und für verschiedene Berufsfelder qualifiziert wurden.
2018 war auch für die Viasol das Ende der Fahnenstange erreicht. Nachdem der Jugendhof im Zuge der Flüchtlingswelle 2015/ 2016 noch einmal eine kurze Blütezeit erlebt hatte und für Wohn- und Schulungszwecke gebraucht wurde, ging die Nachfrage nach Kursen und Seminaren anschließend sehr stark zurück. Ende August 2018 wurde ein Insolvenzverfahren beantragt.
Nawo ist die Abkürzung von „Natur-Wohnen“ – dahinter stehen drei Unternehmer aus der Region: der Landwirt Onno Osterloh, der Garten- und Landschaftsbauer Volker Kreye, beide aus Immer, sowie der Delmenhorster Immobilienunternehmer Cord Lindhorst. Die drei wollen sich nun „mit der weiteren Entwicklung des Objektes beschäftigen“, heißt es in der Mitteilung zum Kauf. „Wir müssen erstmal sehen, was dort geht“, sagte Onno Osterloh als Sprecher der Käufer auf Nachfrage der NWZ. „Wir stehen noch ganz am Anfang.“ Zunächst gelte es, Grundstück und Gebäude zu sichern. Zum Kaufpreis wollte Osterloh sich nicht äußern, als Verkehrswert waren für die Zwangsversteigerung 767 537 Euro abgesetzt worden.
Häuser sind marode
Auf dem rund 5,6 Hektar großen Gelände des Jugendhofes stehen 15 ein- und zweigeschossige Häuser, die überwiegend in den 60er und 70er Jahren für Wohn- und Lehrzwecke errichtet wurden. Die meisten Gebäude sind in keinem guten Zustand, nach der Insolvenz der Viasol blieb das Gelände rund eineinhalb Jahre lang ungenutzt und verlassen. „In den Häusern ist es nass, Heizungen und andere Anlagen wurden nicht gewartet, Leitungen sind kaputtgefroren“, beschreibt Onno Osterloh den Zustand der Immobilien. Die neuen Eigentümer haben das Gelände inzwischen eingezäunt und mit Kameras gesichert.
Konkrete Pläne für die Zukunft des Jugendhofs gebe es noch nicht, sagte Osterloh. „Wir fangen jetzt erst an, etwas zu entwickeln.“ Nach seinen Angaben sollte mit dem Kauf vor allem etwas verhindert werden: „In den letzten Wochen deutete es sich an, dass es ein reges Interesse unterschiedlicher Bieter für das Objekt gibt, die dort Leih- oder Werksarbeiter unterbringen würden.“ Das habe man verhindern wollen, versichert Osterloh.
„Dahingehende Anfragen hatten wir in der Tat und das hat uns Sorgen gemacht“, sagte Peter Meyer, der im Ganderkeseer Rathaus für die Gemeindeentwicklung zuständig ist. Dass die jetzigen Käufer offensichtlich andere Pläne verfolgen, dürfte in der Verwaltung also mit Erleichterung zur Kenntnis genommen werden.
Neue Möglichkeiten
Aber was auch immer dort geschehen soll: „Es wird erst mal einen längeren Prozess der Abstimmung mit der Gemeinde geben“, kündigte Meyer an. Die bisherigen planungsrechtlichen Festsetzungen sehen eine Nutzung als Jugendeinrichtung vor – aber mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes wären auch andere Möglichkeiten denkbar. „Wir warten jetzt ab“, so Meyer, „welche Vorschläge von den Käufern gemacht werden.“