Berlin - Schutzfahrzeuge der Polizei werden Borussia Dortmund beim Weg ins Olympiastadion zum Pokalfinale begleiten - trotzdem herrscht bei dem einen oder anderen BVB-Star ein flaues Gefühl vor. „Ich habe Angst, in den Bus zu steigen, ich habe Angst, zu den Spielen zu fahren“, gab BVB-Profi Shinji Kagawa zu. Der Japaner glaubt: „Dortmund, andere Fußball-Teams, andere Sportorganisationen können weiterhin ein Anschlagsziel sein. Die Gefahr ist immer präsent.“

Kagawas Teamkollegen ergeht es ähnlich. „Als wir beim Rückspiel in Monaco (Viertelfinale der Champions League/d.Red.) im Bus vor dem Hotel warten mussten, fuhr plötzlich ein Müllauto ganz langsam vorbei - da geht sofort das Kopfkino an“, sagte Weltmeister Matthias Ginter der Sport Bild.

Der Anschlag auf den BVB-Bus Mitte April beschäftigt die Dortmunder noch immer, nach dem jüngsten Attentat in Manchester mit mehr als 20 Toten erst recht. Und am Samstagabend (20.00 Uhr/ARD und Sky) steht das Endspiel im DFB-Pokal gegen Eintracht Frankfurt an. In der Hauptstadt Berlin, in der ohnehin ein Ausnahmezustand herrscht, weil von Donnerstag bis Sonntag mehr als 100.000 Christen, darunter der ehemalige US-Präsident Barack Obama, den Kirchentag feiern.

Thomas de Maizière versprach Berlin deshalb weitere Unterstützung, „sofern diese erforderlich ist“, sagte der für den Sport zuständige Bundesinnenminister der Bild. Der CDU-Politiker verriet, dass die Sicherheitskonzepte für Kirchentag und Pokalfinale nach den Ereignissen in Manchester „nochmals überprüft“ wurden. Wichtige Erkenntnis dabei: Man müsse „auch die Situation nach Abschluss der Veranstaltung, wenn die Menschen die Hallen oder Stadien verlassen, genau in den Blick nehmen“.

Berlins Innensenator Andreas Geisel betonte, man sei „auf solche Fälle wie jetzt in Manchester vorbereitet“. Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) erklärte, die Sicherheitsmaßnahmen „befinden sich seit vielen Jahren auf einem sehr hohen Niveau, auch im internationalen Vergleich“. Auch für das diesjährige Finale sehe man sich „bestmöglich aufgestellt und vorbereitet“.

Polizeisprecher Thomas Neuendorf sprach dennoch von einer „Mammutaufgabe“. Vor allem am Donnerstag, wenn Obama gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Brandenburger Tor auftritt, und am Samstag beim Pokal-Endspiel gilt höchste Alarmbereitschaft. Jeweils rund 2000 zusätzliche Beamte sind angefordert, auch von benachbarten Bundesländern.

Erschwerend kommt hinzu, dass beide Pokalfinalisten mit einer besonderen Vorgeschichte nach Berlin reisen. Das Attentat auf die BVB-Profis und die heftigen Ausschreitungen einiger Eintracht-Hooligans beim Auswärtsspiel in Berlin Ende Februar „zeigen, dass wir wachsam sein müssen“, sagte Neuendorf.

Es gilt eine strikte Fantrennung. Dabei muss die Polizei aber noch eine dritte Fangruppe im Auge behalten. „Wir müssen verhindern, dass Hertha-Fans nicht irgendwelche Rache-Aktionen suchen“, sagte Neuendorf. Am 25. Februar war es vor dem Ligaspiel zwischen Berlin und Frankfurt im Stadtteil Moabit zu heftigen Krawallen gekommen, 96 Personen wurden dabei festgenommen.

Angesichts der Gefährdungslage führt die Polizei auch eine Neuerung ein. Bei den Fanfesten am Samstag am Breitscheidplatz (Dortmund) und Alexanderplatz (Frankfurt) kommt erstmals eine Videobeobachtung zum Einsatz. Dabei werden über Kameras Livebilder in die Einsatzzentrale übertragen. Die Kameras werden nach den Veranstaltungen wieder abgeschraubt.

Der Breitscheidplatz ist traditionell der stimmungsvolle Treffpunkt der BVB-Fans vor Pokalendspielen, allerdings ist der Ort vor der Gedächtniskirche seit dem 19. Dezember 2016 mit einem Anschlag verbunden. Der Islamist Anis Amri war auf dem Weihnachtsmarkt mit einem gestohlenen Lkw in eine Menschenmenge gerast. Zwölf Menschen starben.