Ammerland - Gezwitscher, Gesang und Gepiepe: Könnten Frühling und Sommer im Ammerland bald deutlich leiser werden? Wenn die Zahl der Vögel weiter zurückgehen sollte, wäre das eine mögliche Konsequenz. „Die Feldlerche ist mit Sicherheit hier sehr bedroht und der Kiebitz auch“, sagt Horst Lobensteiner, stellvertretender Bezirksvorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) und Vorsitzender des Nabu Rastede. „Man muss schon sehr viel suchen, um die hier zu finden.“

Laut einer Mitteilung der Bundesregierung geht die Zahl der Vögel in Deutschland dramatisch zurück: Der Bestand der Kiebitze hat in den vergangenen 20 Jahren über 80 Prozent abgenommen, die Zahl der Braunkehlchen um 63 Prozent und die der Feldlerchen um 35 Prozent.

Doch woran liegt das Vogelsterben? Gerade Arten, die auf Insekten als Nahrung angewiesen sind, seien bedroht. Da die Zahl der Insekten allgemein abnimmt, finden die Vögel weniger oder gar kein Futter. Das Insektensterben könne zum Teil auf den Menschen zurückgeführt werden, sagen die Experten.

Verlust des Lebensraums: „Die Gärten werden immer weniger und die Hinterbebauung immer mehr“, so Lobensteiner. Vor allem in städtischen Bereichen wird das zum Problem für die Vögel. Denn die kleinen Gärten, die es noch gibt, sind darauf ausgelegt, sehr pflegeleicht zu sein. Das bedeutet, dass der Rasen kurz gehalten wird und nur wenige Blühpflanzen anpflanzt werden. Als Folge geht die Insektenmasse stark zurück. Besonders Autofahrer werden im Sommer schon auf ihrer Windschutzscheibe bemerkt haben, dass weniger winzige Tierchen daran kleben bleiben. Der Nabu-Ortsvorsitzende wertet das als klares Zeichen.

Auch außerhalb der Gärten ist wenig zu holen: Denn hinzu kommt, dass sich die Orte ausweiten und blühende Wiesen zunehmend von der Landwirtschaft verdrängt werden. „Die Landwirtschaft kann man natürlich nicht so verteufeln“, sagt der Nabu-Ortsvorsitzende. „Die Intensivierung der Landwirtschaft ist auch den Gesetzen, EU-Vorgaben und der Globalisierung geschuldet.“ Doch dadurch sind besonders die Wiesenvögel, wie unter anderem die Uferschnepfe, der Kiebitz, die Feldlerche, Bekassine und der Wiesenpieper betroffen, da sie auf Feuchtwiesen angewiesen sind. Diese Vogelarten benötigen einen lockeren Boden mit einem hohen Grundwasserstand, wo sie in der Erde Würmer finden können, sagt der Experte. Dass die Felder mehrfach gemäht und bewirtschaftet werden, macht es schwierig für die Vögel, etwas zu finden, auf der Wiese zu brüten oder ihre Jungen dort großzuziehen.

„Ich will nicht vom stummen Frühling sprechen, aber wir sind auf dem Wege dahin“, so Nabu-Experte Lobensteiner. „Aus dem Teufelskreis müssen wir irgendwie rauskommen, sonst sehe ich in ferner Zukunft schwarz.“ Also setze sich der Nabu mit mehreren Projekten für eine naturverträgliche Landwirtschaft ein.


Neben der Landwirtschaft können auch Privatpersonen zum Erhalt einiger Vogelarten im kleinen Maße beitragen. Laut Lobensteiner braucht man dazu nicht mal einen Garten, auch auf dem Balkon oder der Terrasse kann man etwas tun. Am ehesten wird den Vögeln durch Futter in Form von Insekten geholfen (siehe Infobox).

Anna-Lena Sachs
Anna-Lena Sachs Online-Redaktion (stv. Ltg.)