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Lernen im Lockdown Warum wir Studierende in der Corona-Krise zu kurz kommen

Alena Knychalla

Oldenburg - Wenn ich an das vergangene Studienjahr denke, fällt mir direkt vor allem eins ein: Viele Stunden in Videokonferenzen vor dem Schreibtisch sitzen und zwischendrin die aktuellen Infektionszahlen auf dem Handy checken. Wenn ich nach dem kommenden Sommersemester mein Studium beende, werde ich die Hälfte meines Studiums online verbracht haben. Nach einem Jahr Lernen am heimischen Schreibtisch wissen viele Studierende nicht, wie es weiter geht. Die Pandemie drückt auf die Psyche und manche kämpfen mit finanziellen Problemen. Was ich mir für die Hochschulen und Studierende in der Pandemie wünschen würde:

Eine langfristige Perspektive

Nach der langen Zeit Home-Learning wissen die Studierenden nicht, bei welcher Infektionslage sie wieder in die Hochschulen zurückkehren können. Die zuständigen Landesministerien sollten den Hochschulen eine verlässliche Öffnungsperspektive bieten. Wie die meisten vermisse ich den persönlichen Austausch in der Uni. Doch während ich die Online-Vorlesungen für die große Flexibilität auch schätze, würden viele am liebsten den ganzen Online-Betrieb wieder gegen die Hörsäle eintauschen. Glücklicherweise hat die Hochschule Osnabrück, an der ich studiere, die Umstellung zum Online-Betrieb im Frühjahr vergangenen Jahres schnell gemeistert. Nicht immer den Weg zur Uni auf sich zu nehmen und zuhause von jedem möglichen Ort an der Vorlesung teilzunehmen, bietet doch schließlich auch Vorteile. Aber wie bei vielen Dingen, geht es hier wohl um das richtige Maß. Zukünftig könnte ich mir eine gute Mischung von Online- und Präsenzveranstaltungen vorstellen, bei denen das Infektionsrisiko in großen Veranstaltungen vermieden werden kann.

Alena Knychalla, 22 Jahre, ist Studentin an der Hochschule Osnabrück.

Alena Knychalla, 22 Jahre, ist Studentin an der Hochschule Osnabrück.

Ausweitung der psychologischen Beratung und Psychotherapie

Während die Vorlesungen und Prüfungen weiterlaufen, scheint das Privatleben zu großen Teilen stillzustehen. Normalerweise kann auch in der Prüfungsphase ein Treffen mit Freunden Ablenkung vom Büffeln bieten. Doch all das wird nun schwierig. Manchmal scheinen die immer ähnlich ablaufenden Tage zu verschwimmen. Gerade für Studierende, die allein oder bei ihren Eltern wohnen, bedeutet die andauernde Trennung von ihren Gleichgesinnten Stress und Einsamkeit. 57 Prozent der Studierenden gaben in einer Studie der Uni Würzburg an, psychische Folgen durch die Corona-Pandemie zu erleben oder noch zu erwarten. Für Studierende, die ohnehin an psychischen Erkrankungen leiden, kann sich die Situation noch verschlimmern. Doch die Möglichkeiten für eine Psychotherapie sind begrenzt. Einen Termin bekommt man bei vielen Therapeuten erst nach einer langen Zeit auf der Warteliste – teilweise dauert sie über ein Jahr. Von der generellen Notwendigkeit nach mehr Therapiemöglichkeiten für alle Menschen könnten auch die Studierenden profitieren. Der Bund sollte daher dringend die Zulassung für mehr Therapeuten erwirken.

Mehr finanzielle Unterstützung

Und was ist mit der Zukunft? Wer jetzt beginnt zu arbeiten wird in den nächsten Jahren die Konsequenzen für die wirtschaftlichen Probleme tragen. Viele Nebenjobs fallen weg und ein Praktikum bekommt man auch nur mit einer Portion Glück. Für viele bedeutet das, ein längeres Studium in Kauf nehmen zu müssen oder der Umzug zurück zu den Eltern. Wie eine Befragung des Jobportals Studitemps über die Funke Mediengruppe ergab, lebt mittlerweile jeder vierte Studierende im heimischen Kinderzimmer. 2019 war es nur jeder Fünfte. Überbrückungshilfen gibt es für viele zu spät oder nicht genug. Das Deutsche Studentenwerk gibt an, dass im November vergangenen Jahres nur 65 Prozent und im Dezember 75 Prozent der Anträge auf finanzielle Unterstützung bewilligt wurden. Gerade in Städten mit hohen Mieten sind die möglichen 100 bis 500 Euro nicht genug für die Finanzierung. Anträge sollten daher nicht vorschnell abgelehnt und die Höhe der finanziellen Hilfen noch stärker an individuelle Bedürfnisse angepasst werden.

Größere Aufmerksamkeit

Von den Äußerungen der Bundesregierung zu Corona-Maßnahmen werden Studierende generell oft ausgeklammert. Auf den großen Bundespressekonferenzen wird zwar über Schulen und Kitas gesprochen, Studierende werden jedoch nicht erwähnt. Unsere Belange sollten in der Diskussion zur Pandemiebewältigung stärker in den Fokus gerückt werden. Zukunftssorgen und Isolation treffen Studierende mit Onlinevorlesungen und teilweise finanziellen Problemen sehr hart. Wir befinden uns in einer Phase, in der wir große Veränderungen erleben, neue Erfahrungen machen wollen und beruflich oft noch keinen festen Weg eingeschlagen haben. Die Pandemie als großes Risiko für das Sicherheitsgefühl darf bei Studierenden nicht unterschätzt werden.

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