Bremen - Eigentlich hatte Zlatko Junuzovic ja gar nichts getan. 90 Minuten saß der Mittelfeldspieler von Werder Bremen in Mönchengladbach auf der Bank, sah zu, wie seine Kollegen aus einem 0:2 ein 2:2 machten. Danach verschwand er wortlos in den Teambus – nicht ungewöhnlich für einen Fußballer, der eben gar nicht mitgespielt hat.

Doch seitdem dreht sich nahezu jede Schlagzeile an der Weser um den Kapitän des SV Werder, dessen Vertrag im Sommer ausläuft. Er stehe vor dem Aus, hieß es in mehreren Medienberichten. Erste Gespräche habe es bereits gegeben, Werder biete ihm jedoch nur noch einen Kontrakt mit geringeren Bezügen an. Der Österreicher fühle sich dadurch nicht mehr genug wertgeschätzt, eine Einigung sei in weite Ferne gerückt.

Diese Berichte gingen so weit, dass Trainer Florian Kohfeldt sich am Dienstag verpflichtet fühlte, eine Lanze für Junuzovic zu brechen. „Zladdi weiß um die Wertschätzung, die er im Verein genießt. Ich würde mir wünschen, dass er auch nächste Saison bei uns spielt“, betonte der Coach und stellte klar: „Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, dass er seinen Vertrag verlängert.“

Es ist nur allzu verständlich, dass der Trainer sich vor einen verdienten Profi stellt. Junuzovic hält den Grün-Weißen seit Januar 2012 die Treue, ging mit dem Verein durch schwere Zeiten und hat sich stets in den Dienst der Mannschaft gestellt. In dieser Saison aber wirkt der 30-Jährige oft einen Schritt langsamer, nicht mehr so dynamisch, auch nicht mehr so torgefährlich wie vor einigen Jahren.

Die Frage ist deswegen viel mehr: Was will überhaupt der Österreicher? Junuzovic hat inzwischen ein relativ hohes Fußballeralter erreicht, eine Leistungsexplosion kann er von sich selbst nicht mehr erwarten. Er merkt zudem, dass er unter Kohfeldt und mit der gewachsenen Konkurrenz im Kader eben nicht mehr unersetzlich ist.

Schon bei Schalke 04 saß Junuzovic 75 Minuten auf der Bank, traf dann aber kurz vor Schluss zum 2:1-Sieg, so dass Unzufriedenheit schlichtweg nicht angebracht gewesen wäre. Nun also schmorte er erstmals, obwohl er fit war, in Gladbach über 90 Minuten an der Seitenlinie. Kohfeldt besitzt inzwischen mehrere Varianten in seinem Aufgebot, setzt im zentralen Mittelfeld am liebsten auf das Trio Philipp Bargfrede, Thomas Delaney und Maximilian Eggestein.

Bleibt für Junuzovic nur die von ihm ungeliebte offensivere Außenbahn. In Florian Kainz, Aron Johannsson, Milot Rashica, Max Kruse und Ishak Belfodil oder dem zurückkehrenden Fin Bartels sind die Möglichkeiten hier jedoch derzeit und auch in der neuen Saison vielfältig – und das weiß Junuzovic genau.

Der 30-Jährige steht deswegen vor der Frage: Bleibe ich in Bremen und nehme in Kauf, dass ich für weniger Verdienst mehr und mehr in die Reservistenrolle abrutschen könnte? Oder wechsle ich noch einmal, unterschreibe den vielleicht letzten großen Vertrag meiner Karriere, beispielsweise bei einem finanzstarken englischen Verein?

Clubs, die den 1,72 Meter kleinen Rechtsfuß gern verpflichten würden, wird es sicherlich im Sommer geben. Auch das weiß Junuzovic. Es spricht einiges dafür, dass der Bremer Kapitän nach dieser Saison von sich aus von Bord gehen wird.

Lars Blancke
Lars Blancke Sportredaktion