Oldenburg/Schortens - „War es das alles wirklich wert? Mit Sicherheit nicht.“ So beantwortet der 27-jährige Tobias G. aus Schortens die selbst gestellte Frage, als ihm der Vorsitzende Richter am Landgericht Oldenburg am Dienstag nach 14 Verhandlungstagen im Falschgold-Prozess das Schlusswort erteilte. „Ich kämpfe hier seit Monaten mit drei Anwälten um meine Freiheit“, sagte er. Dem Schortenser, seit Mitte Januar in Untersuchungshaft, drohen im schlimmsten Fall bis zu drei Jahre Gefängnis. Seine Verteidiger plädierten am Dienstag für sieben Monate auf Bewährung. Am Mittwoch wird das Urteil gesprochen.
Wissentlich getäuscht?
Dreh- und Angelpunkt des ganzen Verfahrens ist die Frage, ob Tobias G. bei seinen Geschäften auf Ebay und Ebay-Kleinanzeigen in betrügerischer Absicht handelte; es geht darum, ob er seine Käufer wissentlich täuschte und in seinen Angebotsbeschreibungen die Echtheit der Goldstücke suggerierte, obwohl er wusste, dass es sich definitiv nicht um echtes Gold handelte. Die Münzen und Barren hatte er für relativ kleines Geld in Online-Shops in Asien bezogen.
Im ersten Prozess musste sich Tobias G. (27) aus Schortens 2019 vor dem Amtsgericht Jever verantworten. Ihm wurde vorgeworfen, in mehr als 40 Fällen in betrügerischer Absicht unechte Goldmünzen und -Barren über Ebay angeboten und verkauft zu haben. Die täuschend echten Goldwaren, die aus einfachen Metalllegierungen bestanden, hatte er über Internetshops aus Fernost bezogen. Im November 2019 verurteilte ihn das Amtsgericht wegen Betrugs in 24 Fällen und des versuchten Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren.
Nach weiteren Aktionen auf Ebay im Frühjahr und Sommer 2020 wurde im Herbst ein Untersuchungshaftbefehl erlassen. Seitdem war Tobias G. abgetaucht. Er stellte sich im Januar und sitzt seitdem in Oldenburg in Untersuchungshaft.
In dem Prozess kamen zum Teil kuriose und haarsträubende Geschäftspraktiken ans Licht. So soll ein Goldgeschäft für mehrere tausend Euro in einer Schortenser „Burger King“-Filiale bar abgewickelt worden sein; in einem anderen Fall sollen die Käufer 20 000 Euro – Geld aus einer kurz zuvor ausgezahlten Lebensversicherung – für den Ankauf mehrerer Goldmünzen in 50-Euro-Scheinen in einem Päckchen mit der Post verschickt haben. Das Geld will Tobias. G aber nie erhalten haben.
Die Staatsanwältin führte in ihrem rund einstündigen Plädoyer aus, weshalb sie den Straftatbestand des gewerbsmäßigen Betrugs in 32 Fällen als erfüllt ansieht. Sie sieht als erwiesen an, dass der Schortenser seinen Hinweis, dass es sich um ungeprüfte und unechte Ware handele, im Kleingedruckten versteckt hatte – in der Hoffnung, es würde überlesen. Viele Käufer hatten das laut ihren Aussagen tatsächlich überlesen.
Mehr als 127 000 Euro hat Tobias G. auf diese Weise eingenommen. Das Geld soll nun natürlich eingezogen werden – zumindest das, was noch da ist.
Käufer selbst schuld?
Die Verteidiger zielten in ihren Plädoyers auf die Gier der Käufer ab und schoben ihnen die Verantwortung für ihre Fehlkäufe zu. Der Anzeigentext sei klar formuliert, nichts sei verborgen oder erst nach langem Suchen zu erfahren gewesen. Die Käufer hätten wissen müssen, dass sie für die selbst per Gebot festgelegten Preise – teils deutlich unter dem Gold-Tageskurs – kein echtes Gold erwarten können. „Wenn ich hinter dem Bahnhof eine Rolex für 500 Euro angeboten bekomme, rechne ich auch nicht damit, dass die Uhr echt ist“, so die Verteidigung.
Der Angeklagte zeigte in seinem Schlusswort zumindest ansatzweise Reue: Er habe einfach nur ein lukratives Geschäftsmodell entwickeln wollen und sich dafür sogar anwaltlich beraten lassen. Er habe nichts verschleiert, genau das geliefert, was er angeboten hatte und nie in betrügerischer Absicht gehandelt.