Oldenburg - Der Boden unter unseren Füßen lebt – unter einem Quadratmeter Waldboden tummeln sich beispielsweise 50 000 Springschwänze, winzig kleine Gliederfüßer. Diese Kleinstlebewesen unter der Erde sind den wenigsten Menschen bekannt. Dabei spendet Boden Leben und ist, wie Wasser und Luft, eine unverzichtbare Lebensressource.

Die internationale Wanderausstellung „Die dünne Haut der Erde – Unsere Böden“ des Senckenberg Museums für Naturkunde Görlitz macht ab diesem Samstag, 1. August, Station im Landesmuseum für Natur und Mensch in Oldenburg. Bis zum 17. Januar bringt sie den Besuchern die Vielfalt der Lebewesen im Boden, ihre Funktionen und Bestandteile näher.

Im Fokus stehen Böden in Europa. „Das Thema passt zu uns“, sagt Museumsdirektorin Dr. Ursula Warnke. Der Mensch in der Natur, Nachhaltigkeit, Biodiversität – das alles seien Themen, die „uns alle etwas angehen“.

Emotionen vermitteln

Die Besucher schrumpfen beim Betreten der Ausstellung auf die Größe einer Landassel (etwa 17 bis 20 Millimeter). Und es wird an zwölf „Anfass-Stationen“, zum Beispiel einer Riechstation, einem Wurmcafé oder einem Bodenprofil zum Anfassen sowie einer Kinderebene, interaktiv.

„Man kann nur schützen, was man kennt und wertschätzt“, sagt Projektleiter und Ideengeber Prof. Dr. Willi Xylander, Direktor des Museums in Görlitz. Seit ihrer Eröffnung im Oktober 2015 in Brüssel habe die Ausstellung rund 250 000 Menschen erreicht. „Wir wollen mit Gefühlen Geschichte vermitteln – Wissen allein reicht nicht aus.“

Zeigt die  „Kammer des Schreckens“: Projektleiter und Ideengeber Prof. Dr. Willi Xylander (Bild: von Reeken)

Zeigt die „Kammer des Schreckens“: Projektleiter und Ideengeber Prof. Dr. Willi Xylander (Bild: von Reeken)

Die Ausstellung ist in vier farblich Bereiche, die Kammern, unterteilt – und es gibt zusätzliche Ausstellungen und Angebote. Ein Überblick:

KAMMER DES LEBENS

Hier geht es um Bodentiere und ihre Biologie. Gezeigt werden die Lebensräume, Eigenschaften und Funktionen der verschiedenen Bodenorganismen und wie der Verwertungsprozess unter den Füßen funktioniert. Die große Frage lautet: Welchen Nutzen bringen Bodentiere?

KAMMER DER KRÜMEL

Dieser Bereich beschäftigt sich mit den Bodentypen, ihrer Zusammensetzung und Nutzung. Erklärt werden zum Beispiel die einzelnen Bestandteile der Böden, ihre Entstehung und welche unterschiedlichen Böden es auf der Welt gibt.

In der „Kammer des Lebens“ gibt es zum Beispiel auch ein „Wurmcafé“ , zeigt Ursula Warnke.

In der „Kammer des Lebens“ gibt es zum Beispiel auch ein „Wurmcafé“ , zeigt Ursula Warnke.

KAMMER DES WISSENS

Hier dreht sich alles um Böden, Bodenbiodiversität und den Menschen und die Frage: Wie wird wir das geheimnisvolle Leben unter den Füßen erforscht? Die Besucher können hier auch die Datenbanken und Forschungsmethoden kennenlernen.

KAMMER DES SCHRECKENS

Der vierte Bereich der Ausstellung erklärt die Gefährdung von Böden. Dabei wird veranschaulicht, welche Rolle der Boden für die Menschen spielt, wie er ge- und benutzt wird und warum Böden besser geschützt werden sollten.

AUSGANG DER VISIONÄRE

Damit die Besucher die Ausstellung nicht ohne Visionen verlassen, wird hier gezeigt, was jeder selbst für den Bodenschutz tun kann und welche Projekte schon bestehen.

ABENTEUER BODENLEBEN

Als Ergänzung zu der Wanderausstellung ermöglicht die Virtual-Reality-Brille „Abenteuer Bodenleben“ den Besuchern einen Ausflug in die Welt unter den Füßen. Mittels einer VR-Brille werden sie virtuell um das 200-fache auf die Größe einer Landassel geschrumpft und begegnen zahlreichen Bodentieren wie Milben, Springschwänzen und Tausendfüßern auf Augenhöhe.

Eintauchen in die Welt der  Bodentiere: Das wird als Ergänzung  zu der Wanderausstellung mit der VR-Brille „Abenteuer Bodenleben“ möglich. (Bild: von Reeken)

Eintauchen in die Welt der Bodentiere: Das wird als Ergänzung zu der Wanderausstellung mit der VR-Brille „Abenteuer Bodenleben“ möglich. (Bild: von Reeken)

„Abenteuer Bodenleben“ wurde im Rahmen des Forschungsprojektes „museum4punkt0 – Digitale Strategien für das Museum der Zukunft“ am Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz entwickelt.

BODEN ALS ARCHIV

In der Galerie-Ausstellung „Boden als Archiv“ zeigt das Landesmuseum ergänzend zur Sonderausstellung die Bedeutung der nordwestdeutschen Böden als Archiv für die Geschichte der Region. Das Landesmuseum habe den heute etablierten Zweig der Moorarchäologie entwickelt, so Museumsdirektorin Ursula Warnke. In Exponaten werden neueste Forschungsergebnisse, unter anderem 2000 Jahre alte Teile eines Bohlenwegs aus dem Aschener Moor bei Lohne in Kreis Vechta, deren Ausgrabungsdokumentation auch als 3D-Animation zu sehen ist. „Die Rinde der Birke ist noch erhalten, weil das Holz im Moor lag“, erklärt Warnke. Auch die Bearbeitungen der Hölzer ist noch sichtbar. Zudem werden verschiedene Lackprofile gezeigt – auf einem ist der Schatten eines Skeletts erkennbar.

Die Galerie-Ausstellung „Boden als Archiv“ werden unter anderem 2000 Jahre alte Teile eines Bohlenwegs aus dem Aschener Moor bei Lohne gezeigt, wie Ursula Warnke erklärt. (Bild: von Reeken)

Die Galerie-Ausstellung „Boden als Archiv“ werden unter anderem 2000 Jahre alte Teile eines Bohlenwegs aus dem Aschener Moor bei Lohne gezeigt, wie Ursula Warnke erklärt. (Bild: von Reeken)

In Zeiten des Klimawandels seien Böden als Speicher für Kohlenstoff von großer Bedeutung, erklärt Eva Kirschmann vom Landesmuseum. Eine große Wandgrafik illustriert die Dimension unterschiedlicher Böden und Ökosysteme als Kohlenstoffspeicher und ihre Bedeutung für das Klimasystem. „Moore und Feuchtgebiete machen zwar nur fünf bis sechs Prozent der Fläche aus, speichern aber am meisten Kohlenstoff“, erklärt sie – erst danach folgen Grasland, Wälder, Ackerland, Wüsten, Tundra und Permafrost sowie Siedlungsgebiete.

Die Ausstellung „Die dünne Haut unserer Erde – Unsere Böden“ läuft vom 1. August bis 17. Januar 2021 im Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg, Damm 38-44. Öffnungszeiten: Di - Fr 9 bis 17 Uhr, Sa - So 10 bis 18 Uhr; Eintritt: 6 Euro, erm. 4 Euro

Lerngarten: Eine Ausgrabungssimulation im Außenbereich steht ab jetzt für die Bildungsarbeit mit Schulklassen und anderen Gruppen zur Verfügung.